Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V215
DOI: 10.1055/s-0029-1238415

Status epilepticus mit tödlichem Verlauf bei einem 30-jährigen Patienten mit einer mitochondrialen Erkrankung

J Bürmann 1, J Spiegel 1, I Messner 1, P Kostopoulos 1, S Feiden 1, K Fassbender 1
  • 1Homburg/Saar

Ein 30-jähriger Patient wurde in unserer Klinik zur Abklärung einer progredienten Gang- und Extremitätenataxie stationär aufgenommen. Anamnestisch hatte sich der Patient bereits aufgrund epileptischer Anfälle unklarer Ätiologie in stationärer Behandlung befunden. In der klinischen Untersuchung zeigten sich eine bilaterale horizontale Blickparese, eine sakkadierte Blickfolge, eine ausgeprägte Rumpf- und Extremitätenataxie sowie eine Störung der Tiefensensibilität an den unteren Extremitäten. Elektrophysiologisch fanden sich eine Störung im Blickfolge- und Sakkadensystem, eine sensomotorische Polyneuropathie und eine Hinterstrangläsion zu den Beinen. Im EMG bestanden myopathische Veränderungen, im EEG waren generalisierte Verlangsamungen und Zeichen einer gesteigerten Erregbarkeit auffällig. In einer Muskelbiopsie zeigten sich in der COX-Färbung zahlreiche blaue Fasern und in der Trichrom-Färbung in einigen Fasern eine pathologische Akkumulation von Mitochondrien (ragged red fibres), also ein zu einer mitochondrialen Erkrankung passendes Bild. Der stationäre Aufenthalt wurde durch mehrere Grands maux kompliziert. Nachdem ein erster Grand mal-Status eingetreten war, wurde die vorbestehende Therapie mit Carbamazepin um Valproat und Levetiracetam erweitert. Bei dennoch persistierendem Status erfolgten eine Phenytoinschnellaufsättigung und schließlich eine Midazolam- und Phenobarbitalnarkose. Zwischenzeitlich konnte ein Burst-Suppression-Muster erzielt werden, jedoch ereigneten sich im Verlauf trotz aller therapeutischen Versuche (u.a. Lacosamid, Topiramat, Ketamin) auch unter Narkose weitere generalisierte Krampfanfälle. Außerdem entwickelte der Patient eine schwere Sepsis. Nach fast zweimonatiger Beatmung blieb der junge Patient auch nach erfolgtem Weaning komatös und verstarb wenige Tage später. Die Therapie eines refraktären Grand mal-Status bei einer mitochondrialen Erkrankung bleibt ein schwieriges Problem, zumal die Anwendung hoch potenter Antikonvulsiva wie Valproat oder Phenobarbital bei diesem Krankheitsbild problematisch ist.