Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V87
DOI: 10.1055/s-0029-1238354

Aktivierte Mikroglia depolarisiert Astrozyten und Neuronen – Untersuchungen in einem Triple-Ko-Kultur-Modell

E Zülow 1, D Hinkerohe 1, N Prochnow 1, A Schöbel 1, C Berthold 1, H Dambach 1, A Haghikia 1, U Schlegel 1, PM Faustmann 1
  • 1Bochum

Fragestellung: Um die Funktionalität der Neuronen zu gewährleisten, bedarf es der Anwesenheit von Mikroglia und Astrozyten. Mikroglia sind zur Phagozytose fähig und wesentlich an immunologischen Vorgängen beteiligt. Mikroglia lassen sich phänotypisch in einen aktivierten und ruhenden Aktivierungsgrad differenzieren. Astrozyten bilden ein funktionelles Synzytium, das mittels Connexin 43 (Cx43) über Gap Junctions entsteht. Dieses Synzytium ermöglicht Astrozyten wichtige Funktionen der Homöostase zu erfüllen. In den aktuellen Experimenten untersuchen wir den Einfluss aktivierter Mikroglia auf astrozytäre und neuronale Eigenschaften in einem Triple-Ko-Kultur-Modell, bestehend aus Neuronen, Astrozyten und Mikroglia. Entzündliche Bedingungen werden durch einen erhöhten Mikrogliaanteil (30%) oder durch Inkubation mit Tumor Nekrose Faktor alfa (TNF-α) erzeugt.

Methoden: Mittels Patch-Clamp (whole-cell) wird das Membranruhepotential (MRP) der Astrozyten und Neuronen ermittelt. Eine gleichzeitige Injektion von Luzifer Yellow in Astrozyten erfasst die Anzahl der funktionell gekoppelten Zellen. Immunzytochemisch detektieren wir mittels ED-1, Cx43 und NeuN den Phänotypen und die Verteilung von Mikroglia, die astrozytäre Cx43-Expression sowie die Anzahl der Neuronen. Die Expression von Cx43 wird zudem mittels Western Blot quantitativ ausgewertet.

Ergebnisse: Unter inflammatorischen Bedingungen durch hohen Mikrogliaanteil (30%) nimmt der Anteil aktivierter Mikroglia signifikant zu, während die funktionelle Kopplung der Astrozyten sinkt. Außerdem lässt sich eine signifikante Depolarisation des neuronalen MRPs feststellen. Die Inkubation der Ko-Kulturen mit TNF-a bewirkt eine geringere Aktivierung der Mikroglia als in Kulturen mit hohem Mikrogliaanteil (30%), eine signifikante Reduktion der funktionellen Kopplung sowie eine signifikant verminderte Cx43-Expression der Astrozyten. Es ließ sich keine Veränderung der MRP von Astrozyten oder Neuronen verzeichnen.

Schlussfolgerungen: Eine Erklärung für die Depolarisation der Neuronen ist eine verminderte astrozytäre Homöostase nach Entkopplung des astroglialen Synzytiums. Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass diese Veränderungen von der Anzahl und dem Ausmaß der mikroglialen Aktivierung abhängig sind und somit direkte Einflüsse von Mikroglia nicht ausgeschlossen sind. Unser Triple-Ko-Kultur-Modell ermöglicht die Untersuchung der Interaktion von Neuronen und Gliazellen unter pathologischen Bedingungen in vitro.