Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V85
DOI: 10.1055/s-0029-1238352

Limbische Enzephalitis mit psychogenen Anfällen

S Weisenbach 1, M Rademacher 1, CE Elger 1, CG Bien 1
  • 1Bonn

Hintergrund: Die limbische Encephalitis (LE) ist eine autoimmun vermittelte entzündliche Erkrankung des ZNS. Als typische „limbische“ Zeichen werden Gedächtnisstörungen, epileptische Anfälle von temporaler Semiologie und affektive Störungen mit Stimmungslabilität und überschießender Emotionalität betrachtet.

Psychogene Anfälle sind nicht- epileptische Ereignisse, die aber epileptisch wirken können. Sie bleiben ohne EEG- Korrelat. Sie treten häufiger bei Patienten mit affektiver Störung auf. Eine organische (Mit-)verursachung psychogener Anfälle wird diskutiert.

Fallbericht: Wir berichten über einen 38-jährigen Patienten, der in unserer Klinik vorgestellt wurde, nachdem er etwa sechs Monate zuvor einen ersten als epileptisch bewerteten Anfall erlitten hatte. Seitdem hatte er Anfälle in steigender Frequenz, zuletzt etwa einmal pro Woche generalisierte unregelmäßige Kloni, Sturz, laute Vokalisationen und postiktales Weinen. Er war wegen psychogener Anfälle bereits mehrere Wochen stationär in einer psychiatrischen Klinik behandelt worden.

Es war hier möglich, einen für den Patienten typischen psychogenen Anfall (ohne EEG-Korrelat) durch mittels intravenöser Placebo-Injektion auszulösen. Außerdem konnte ein wesentlich subtilerer epileptischer Anfall mit EEG- Korrelat aufgezeichnet werden.

MR- tomographisch stellte sich die rechte Amygdala in der T2-Sequenz relativ zur linken hyperintens dar, interiktual zeigten sich EEG- Veränderungen aus sharp waves links temporal und im Serum konnten VGKC- Antikörper nachgewiesen werden (375 pM, Normalbereich <100 pM). Zusätzlich zeigte der Patient testpsychlogisch Hinweise auf links temporo-laterale und leichte frontale Funktionsstörung sowie Hinweise auf depressive Stimmung (BDI Score 17;>11 milde depressive Symptomatik, >17 behandlungsbedürftige Depression)

Eine Tumorsuche – incl. CT- Thorax/Abdomen, Ganzkörper FDG- PET und ausgiebiger Labordiagnostik – verlief negativ. Es ergab sich die Diagnose einer nicht paraneoplastischen LE mit VGKC-Antikörpern.

Diskussion: Dies ist der erste Bericht über einen Patienten mit einer LE, der sich mit weit überwiegend psychogenen, nicht epileptischen Anfällen und wenigen epileptischen Anfällen präsentiert. Bei der LE wird als Folge der Affektion mediotemporaler Strukturen häufiger eine überschießende Emotionalität beobachtet. Im hier präsentierten Fall könnten die psychogenen Anfälle als eine Manifestation dieser organischen Affektstörung betrachtet werden.