Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2009; 19 - A31
DOI: 10.1055/s-0029-1238205

Evaluation des Einflusses der Stereotypänderung Kopf-Blick-Bewegung auf das individuelle Schmerzniveau bei Patienten mit Schulter-Nacken-Beschwerden und PC-Arbeitsplatz

EJ Seidel 1, 6, M Friedrich 2, L Beyer 1, 6, A Fischer 1, 6, HJ Grein 3, J Hartmann 1, U Smolenski 4
  • 1Sophien- und Hufeland Klinikum Weimar
  • 2Fachhochschule Jena:
  • 3Fachhochschule Lübeck
  • 4Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 6Universität Bratislava und AG Head-Eye-Mover Thüringen

Problemdarstellung: PC-Arbeitsplätze führen zu einer hohen Prävalenz von Schulter-Nacken-Beschwerden. Unter dem Aspekt einer Bewegungsökonomisierung wurden diese Arbeitsplätze in der Vergangenheit so umgestaltet, dass mögliche Begleitbewegungen immer mehr reduziert worden. In unseren bereits 2007 vorgestellten Untersuchungen zum muskulären Stereotyp Kopf-Blick-Bewegung (Head-Eye-Mover) konnte nachgewiesen werden, dass die ungünstige Umstellung des Stereotyps in Richtung Eye-Mover mit einer höheren Erkrankungsprävalenz einhergeht.

Methodik:

Es wurden 200 Patienten mit Schulter-Nacken-Beschwerden, PC-Arbeitsplatz und der Notwendigkeit einer Brillenversorgung ausgewählt. Einschlusskriterien und Ausschlusskriterien waren:

Einschlusskriterien

  • Schulter-Nacken-Schmerzen (VAS über 3cm)

  • Presbyopie, Addition zwischen +1,5 und +2,0dpt

  • Binokularsehen

  • Visuscc R/L >0,8

  • Bildschirmarbeitsplatz

Ausschlusskriterien

  • Addition >2,0dpt

  • Heterophorie mit Beschwerden: prismatische Korrektion

  • Monokular- und alternierendes Sehen

  • Strabismus/Amblyopie

  • Schmerzen unter 3 auf VAS

Nach einer klinischen Untersuchung, Stereotypbestimmung und Durchführung zahlreicher Assessmentverfahren (DASH, FFbH, EQ5, SF36) wurden die Patienten randomisiert und einfach-blind verschiedenen Interventionsmethoden zugeführt. Es wurden 4 Gruppen gebildet: 30 Patienten mit Stereotyp Head-Mover mit Brillenversorgung Head-Mover-Glas, 30 Patienten mit Stereotyp Eye-Mover mit Brillenversorgung Head-Mover-Glas, 30 Probanden mit herkömmlicher PC-Arbeitsplatzbrille und 110 Patienten als Kontrollgruppe ohne Intervention.

Zu Beginn, nach 3 und 6 Monaten wurden der Gesundheitszustand, die lokalen und globalen Schmerzniveaus sowie der muskuläre Stereotyp erfasst (Visionprint°, Zebris°).

Ergebnisse:

In der Kontrollgruppe werden keine signifikanten Veränderungen des Beschwerdebildes bei PC-Arbeit nachgewiesen. In der Interventionsgruppe kommt es zu einer signifikanten Verbesserung des Beschwerdebildes der Patienten, welche ohne therapeutische Intervention zum Tragen kommt. Nur durch die Beeinflussung des Stereotyps durch eine PC-Arbeitsplatzbrille im entsprechenden individuellen Head-Eye-Mover-Design ermöglicht diese bereits eine signifikante Verbesserung.

Schlussfolgerungen:

Diese Ergebnisse der im Juli 2008 beendeten Studie zeigen eindrucksvoll, das über eine therapeutische Intervention hinausgehende Maßnahmen signifikante Verbesserungen des Beschwerdebildes ermöglichen und unbedingt in der Strategie der Behandlung von Schulter-Nacken-Beschwerden bei PC-Arbeitsplätzen einfließen sollten. Eine alleinige therapeutische Intervention ohne die Beachtung der beruflicher Exposition und Veränderungen im Sinne einer Optimierung der ergonomischen Bedingungen bietet geringere Erfolgsaussicht, als ein multi- und interdisziplinäre Strategie.