Zentralbl Chir 2009; 134 - V67
DOI: 10.1055/s-0029-1238125

Kann der kombinierte Sehnentransfer des M. latssimus dorsi und des M. teres major bei postero-superiorer Rotatorenmanschettenmassenruptur die Schulterfunktion im Langzeitverlauf erhalten? Eine prospektive Studie

C Gerhardt 1, 2, S Lichtenberg 1, 2, P Magosch 1, 2, P Habermeyer 1, 2
  • 1Charité Berlin – Campus Virchow, CMSC, Berlin, Germany
  • 2Atos Klinik, Schulter und Ellbogenchirurgie, Heidelberg, Germany

Fragestellung:

1937 führte L'Episcopo den kombinierten Sehnentransfer des M. latissimus und des M. teres major zur Verbesserung der Aussenrotation bei kongenitaler Plexus brachialis Läsion durch. Seit 1998 setzten wir diese OP-Technik bei Außenrotations- und Flexionsverlust des Armes bei irreparabler posterosuperiorer Rotatorenmanschettenmassenruptur ein. Innerhalb der ersten 2 Jahre nach OP wurden gute funktionelle Ergebnisse erzielt. Ziel der Arbeit war die Evaluation der funktionellen sowie radiologischen Ergebnisse im Langzeitverlauf.

Material & Methode:

Von 1998 bis 2000 wurden 18 Patienten (12m, 6w) mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren (34–71 Jahre) bei irreparabler posterosuperiorer Rotatorenmanschettenmassenruptur mittels Muskeltransfer nach L'Epsicopo versorgt. Die durchschnittliche Symptomdauer vor der OP lag bei 30 Monaten (3–120 Mo). 17 Patienten wurden nach durchschnittlich 25 Monaten (13–39 Mo) und 13 Patienten wurden nach durchschnittlichen 71 Monaten (60–87 Mo) klinisch, radiologisch und mittels Oberflächen-EMG nachuntersucht. Die funktionellen Ergebnisse wurden mittels alters- und geschlechtsgewichtetem Constant Score (CS) dokumentiert.

Ergebnisse:

Funktionell wurde eine signifikante (p<0,0001) Verbesserung des CS von 56% (18–92%) prä-OP auf 90% (55–122%) nach 25 Monaten und auf 88% (57–104%) nach 71 Monaten erzielt.

Eine signifikante (p<0,0001) Schmerzlinderung (8P im CS prä-OP) wurde nach 25 Monaten sowie nach 71 Mo (jeweils 14 P im CS) erzielt.

Die aktive Flexion stieg signifikant (p<0,0001) von 119° prä-OP auf 169° nach 25 Mo und 170° nach 71 Mo an. Die aktive Aussenrotation von 12° (-20°-45°) verbesserte sich signifikant (p<0,0001) nach 25 Mo auf 35° (0°-60°). Nach 71 Mo bestand für die aktive Außenroation mit 23° (-20°-70°) kein signifikanter Unterschied zur prä-OP Außenrotation. 11% der Patienten wiesen prä-op ein negatives ARO-lag sign, 88% wiesen nach 25 Mo (p=0,0001) und 40% (p=0,25) wiesen nach 71 Mo ein negatives ARO lag sign auf. Im EMG wiesen nach 71 Mo 27% eine höhere Aktivität des M. latissimus dorsi bei isometrischer Außenrotation als bei isometrische Innenrotation und 17% wiesen bei isometrischer Außen- sowie Innenrotation eine gleiche Aktivität auf.

Radiologisch wurde keine signifikante Veränderung des akromiohumeralen Abstandes sowohl nach 25 Mo als auch nach 71 Mo beobachtet werden (5mm prä-OP, 6mm n. 25 Mo, 4mm n. 71 Mo). Im Vergleich zur 25 Mo Kontrolle nahm der AHA nach 71 Mo signifikant (p=0,007) ab. Der Arthrosegrad nach Hamada stieg im Verlauf von 71 Mo signifikant (p=0,0001) von 0,8 prä-OP auf 3,1 post-OP an.

Komplikationen sowie Rupturen der transferierten Sehnen wurden nicht beobachtet.

Schlussfolgerung:

Im Langzeitverlauf bleibt die gute Schulterfunktion erhalten. Die Migration des Humeruskopfes sowie die Entwicklung einer Defektarthropathie kann durch diese OP-Methode nicht verhindert werden.