Zentralbl Chir 2009; 134 - P40
DOI: 10.1055/s-0029-1238119

Empyem des Kiefergelenks – eine Rarität in der Kieferchirurgie

AW Eckert 1, J Schubert 1, R Dempf 1
  • 1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Halle/Saale, Germany

Einleitung:

Empyeme der Kiefergelenke sind extreme Raritäten innerhalb der Kieferchirurgie. Nach bisherigem Kenntnisstand sind in Westeuropa seit 1931 erst 31 derartige Fälle publiziert worden. Wir stellen das Krankheitsbild und den Verlauf bei einem 42-jährigen Mann mit einem Kiefergelenkempyem vor.

Kasuistik:

Der Patient berichtete, seit 4 Tagen linksseitig im Gelenkbereich zunehmende Schmerzen und Schwellungen zu haben. Die Schneidekantendistanz war minimiert; es bestand bei der Mundöffnung eine Deviation zur kranken Seite. Die Okklusion zeigte einen Kreuzbiss auf der gesunden Seite. Das OPG verifizierte einen eindeutig verbreiterten Gelenkspalt linksseitig; die Laborparameter bewiesen die akute entzündliche Symptomatik [Leukozytose 14,6 Gpt/l, CRP 27,5mg/l]. Nach einer arthroskopischen Lavage mit Entleerung von Pus und systemischer bakterizider Antibiose kam es schließlich zu einer raschen Rückbildung der entzündlichen Symptomatik. Der hinzugezogene HNO-Konsiliarius bescheinigte das Vorliegen einer Otitis externa, welche mittels antispetischer Tamponaden therapiert wurde.

Diskussion:

Septische Infektionen der Kiefergelenke zeigen typischerweise eine recht kurze und fulminante Anamnese mit Schmerzen, Schwellungen der Gelenk- und Wangenregion sowie die paraklinischen Zeichen einer Entzündung mit deutlicher Leukozytose und CRP-Anstieg. Differenzialdiagnostisch sollte auch im Zeitalter der modernen Antibiotika an das Vorliegen einer solchen sehr seltenen Infektion gedacht werden. Ursächlich war im konkreten Fall sicherlich das Vorliegen einer Otitis media mit hämatogener Ausbreitung über die synovialen Blutgefäße. Abweichend von den Erfahrungen in der Literatur zeigte die Mikrobiologie neben grampostiven Kokken auch P. aeruginosa, weshalb eine Antibiose mit modernen Fluorchinolonen notwendig war. Wegen der Gefahr einer weiteren Ausbreitung nach intrakranial ist es erforderlich, derartige Empyeme umgehend zu entlasten. Für den noch selteneren Fall einer septischen Infektion der Kiefergelenke beim Kind muss mit Respekt auf Spätfolgen wie die Entstehung einer Arthrose oder Gelenkdestruktionen ein Monitoring des Unterkieferwachstums erfolgen.