Handchir Mikrochir Plast Chir 2009; 41(4): 203-204
DOI: 10.1055/s-0029-1234112
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Handtransplantation und Composite Tissue Allotransplantation (CTA)

Handtransplantation and Composite Tissue Allotransplantation (CTA)M. Gabl, O. Rennekampff
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Publication Date:
17 August 2009 (online)

Unsere Hände sind ein Spezifikum der Spezies Mensch, sie sind einzigartig. Es ist daher nicht verwunderlich, dass schon in alten Kulturen versucht wurde, amputierte Gliedmaßen zu ersetzten, wobei anfänglich auf Holz, Leder oder Metall als Werkstoff zurückgegriffen wurde.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind Computertechnologie und Transplantationsmedizin zukunftweisende Hoffnungsträger für einen Ersatz nach Amputation der Hand. Beide entwickeln sich rapide und eröffnen neue Perspektiven. Die Nanotechnologie revolutionierte die Computerwelt und ermöglichte die Entwicklung von Armprothesen mit bis zu 6 Freiheitsgraden. Zur Wiederherstellung der Sensibilität einer prothetischen Hand wurden „sensible Handschuhe” entwickelt. Als technisch schwer zu lösende Aufgabe verbleibt jedoch die Ansteuerung dieser künstlichen Gliedmaßen. Als Interface zur neuronalen Struktur des Menschen wurden, ersten Berichten zufolge Mikrochips intrafaszikulär eingebracht.

Die Handtransplantation ist heute die einzige realisierbare Möglichkeit, eine verlorene obere Extremität auch in ihrer sensiblen Funktion über 24 Stunden durchgehend hochwertig zu ersetzen. Die Wiederherstellung afferenter und efferenter Funktionseinheiten und die Reorganisation des Kortex wurde an mehreren Patienten nach Handtransplantation untersucht und die Möglichkeiten dieses Verfahrens aufgezeigt. Auch erwies sich, dass besonders das ästhetische Empfinden, als auch das wiedererlangte Gefühl der Körperintegrität für das subjektive Behandlungsergebnis von besonderer Bedeutung sind. Ob eine artifizielle Hand jemals als „eigene Hand empfunden” werden kann, bleibt abzuwarten. Die erfolgreiche Handtransplantation, eine Transplantation mehrerer in ihrer Immunität unterschiedlicher Gewebetypen gilt als Start in die Composite Tissue Transplantation (CTA). Die ersten erfolgreichen Gesichtstransplantationen weisen bereits auf die vielfältigen Möglichkeiten der CTA hin. Die immunologischen und toxischen Nebenwirkungen der immunsuppressiven Therapie relativieren bislang noch den breiten Einsatz der CTA. Sie wird derzeit nur an wenigen Zentren weltweit, und in bislang nur geringer Fallzahl durchgeführt. Ethische Fragen begleiteten die Handtransplantation, wird sie doch indiziert um die Lebensqualität zu verbessern und nicht die Lebensdauer zu verlängern. Die kritische Abschätzung des Nutzen-/Risikoprofils war und bleibt daher eine der interdisziplinären Kernfragen.

Über die derzeitigen Möglichkeiten der Immuntherapie, operationstechnische Besonderheiten, persönliche Erfahrungen sowie über zukünftige Entwicklungen auf dem Gebiet der Handtransplantation soll in diesem Schwerpunktheft berichtet werden. Ich danke allen Autoren für ihre Mitwirkung zur Erstellung dieses Themenheftes.

Markus Gabl

Korrespondenzadresse

Univ. -Doz. Dr. Markus Gabl

Universitätsklinik für

Unfallchirurgie und

Sporttraumatologie

Medizinische Universität

Innsbruck

Anichstraße 35

6020 Innsbruck

Österreich

Prof. Dr. med. Hans Oliver Rennekampff

Medizinische Hochschule

Hannover

Klinik für Plastische, Hand- und

Wiederherstellungschirurgie

Carl-Neubergstraße 1

30625 Hannover

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