Rofo 2009; 181(7): 616-620
DOI: 10.1055/s-0029-1233252
Bildessay

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Imaging Findings in Pituitary Adenomas

Bildgebung bei HypophysenadenomenK. Müssig , M. Horger, T. Nägele, S. Danz, U. Ernemann
Further Information

Publication History

Publication Date:
24 July 2009 (online)

Hypophysenadenome, gutartige Neoplasien des Hypophysenvorderlappens, sind häufig und kommen bei etwa 10 % aller Menschen mit normaler endokriner Funktion und in bis zu 27 % der in Autopsie-Studien untersuchten Hirnanhangsdrüsen vor. Klinisch manifeste Hypophysenadenome sind hingegen selten mit einer Prävalenz von 40–70 pro 100 000 und einer Inzidenz von 6–8 pro 100 000. Die klinisch auffälligen Adenome werden unterteilt in endokrin-aktive Hypophysentumoren, die aufgrund einer vermehrten Hormonproduktion eine klinische Symptomatik verursachen, wie etwa Prolaktinom, Akromegalie, Morbus Cushing, und die endokrin-inaktiven Tumoren, die entweder nicht sekretorisch aktiv sind oder deren Sekretionsprodukt, wie etwa die a-Untereinheit, trotz erhöhter Serumkonzentration keine Symptomatik verursacht. Die endokrin-inaktiven Tumoren führen jedoch aufgrund ihrer Größenausdehnung zu klinischen Symptomen (Kopfschmerzen, Einschränkung des Sehvermögens) oder zu einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, die die kortikotrope, thyreotrope, gonadotrope und somatotrope Hormonachsen betreffen kann.

Die klinischen Charakteristika eines Prolaktinoms sind bei der Frau Zyklusstörungen, Amenorrhoe, Galaktorrhoe, Libidoverlust und unerfüllter Kinderwunsch und beim Mann Potenzstörungen und Libidoverlust. Die Prolaktinserumspiegel sind deutlich erhöht und so in der Regel gut von einer Begleithyperprolaktinämie im Rahmen einer Beeinträchtigung des Hypophysenstils abzugrenzen. Die Stigmata des Morbus Cushings umfassen Vollmondgesicht, Plethora, stammbetonte Adipositas, Glukoseintoleranz, arterielle Hypertonie, Hypogonadismus, Muskelatrophie, Striae rubrae und psychische Veränderungen. Die endokrine Abklärung stützt sich auf eine erhöhte Kortisolausscheidung im 24-h-Urin sowie eine fehlende Suppression des Serumkortisols um Mitternacht und im niedrig dosierten Dexamethason-Hemmtest bei inadäquat hohen ACTH-Plasmakonzentrationen. Patienten mit Akromegalie berichten typischerweise über starkes Schwitzen, Parästhesien, Veränderungen der Gesichtszüge, Wachstum der Hände und Füße, Organomegalie und Leistungsknick. Die Diagnose wird durch den Nachweis, auf das Alter des Patienten bezogen, erhöhter IGF ( Insulin-like Growth Factor)-1-Serumkonzentrationen und der fehlenden Suppression der Wachstumshormonspiegel im oralen Glukosetoleranztest bestätigt. Alle klinisch auffälligen Adenome erfordern eine Behandlung, die die transsphenoidale, selten auch die transkranielle Adenomresektion, eine medikamentöse Therapie zur Reduktion einer vermehrten Hormonsekretion sowie Substitution fehlender Hormone und in seltenen Fällen auch eine Bestrahlung des Tumors umfasst.

Die Beschreibung der Größenausdehnung erfolgt orientierend anhand des größten Diameters als Mikroadenom (< 10 mm) oder Makroadenom (≥ 10 mm). Eine genauere Charakterisierung des Hypophysenadenoms kann mittels einer Beschreibung der Größenausdehnung anhand standardisierter Klassifikationen vorgenommen werden (Wilson CB. J Neurosurg 1984; 61: 814–833).

Die bildgebende Diagnostik von Mikroadenomen ist heute aufgrund des besseren Weichteilkontrasts und der besseren Visualisierung der Hypophyse die Domäne der MR-Tomografie (s.u.). In der CT stellen sich Mikroadenome, die nicht durch eine Einblutung oder Zystenbildung kompliziert werden, typischerweise isodens im Vergleich zu dem angrenzenden normalen Hypophysengewebe dar und sind daher auf nicht kontrastmittelangehobenen CT-Aufnahmen häufig in Abhängigkeit von der Größe nicht abgrenzbar (Abb. [1a], [1b]). Makroadenome haben ein ganz unterschiedliches Erscheinungsbild. In der überwiegenden Zahl sind sie isodens mit dem Cortex in der nativen CT. Verkalkungen sind selten und treten in 1–8 % der Fälle auf. Die CT nimmt eine wichtige Rolle in der Diagnostik ein, da sie eine klare Abgrenzung der Sella-Konturen erlaubt und bei der präoperativen Planung durch Visualisierung der lokalen Anatomie hilfreich ist (Abb. [1c]). Auch können Knochendestruktionen am besten durch CT-Aufnahmen dargestellt werden (Abb. [1d], Pfeil; Osborn A G. Diagnostic Neuroradiology. Mosby 1994: 649-654).

Abb. 1 Axiale, native CT der Sella turcica. Beachte die Isodensität des Hypophysenmakroadenoms im Vergleich mit dem Hirnparenchym (Pfeil; a). b zeigt ein in der nicht angehobenen CT primär hyperdenses Makroadenom (Pfeil). In der sagittalen, nicht angehobenen CT (Knochenfenster) ist die typische Vergrößerung der Sella turcica zu sehen uns dabei eine kortikale Ausdünnung des Knochens im Bereich des Sellabodens, aber keine Unterbrechung des kortikalen Knochens im Sellaboden (c). Im Gegensatz dazu findet sich eine Zerstörung der Sella im Fall d.

Hypophysenadenome stellen sich in der MR typischerweise als Raumforderungen dar, die von der Sella turcica ausgehen, hypo- bis isointens auf T1-gewichteten Bildern erscheinen und das signalintensivere normale Hypophysengewebe verdrängen (Abb. [2a]). Die diagnostische Herausforderung liegt in der Detektion und Lokalisation von Mikroadenomen. Ein direkter Nachweis gelingt häufig über eine dynamische Kontrastmittelapplikation, bei der sich im Mikroadenom ein verzögertes Enhancement im Vergleich zur umgebenden normalen Hypophyse zeigt. Aus diesem Grunde erscheinen 2 Drittel der Mikroadenome charakteristischerweise hypintens auf den frühen dynamischen, kontrastmittelangehobenen MR-Aufnahmen (Abb. [2b]). Typischerweise kommt es auf den späten Aufnahmen zu einer vermehrten KM-Retention im Adenom, sodass dieses dann hyperintens im Vergleich zur Umgebung erscheint. 1 Drittel der Mikroadenome weist ein "frühzeitiges" Enhancement auf. Im Falle einer schlechten Abgrenzbarkeit in der KM-Dynamik ist ein wichtiges indirektes Zeichen zur Lokalisation eines Mikroadenoms die Verlagerung des Hypophysenstiels zur Gegenseite.

Abb. 2 Sagittales, natives, T1-gewichtetes Bild eines Hypophysenadenoms. Die umschriebene hyperintense Formation dorsal des Adenoms entspricht dem physiologischen Signal der Neurohypophyse (a, Pfeil). Die koronare, dynamische, kontrastangehobene, T1-gewichtete Aufnahme des Hypophysenmakroadenoms zeigt ein verzögertes Enhancement (Pfeil), das die Abgrenzung des Adenoms gegen die homogen kontrastmittelaufnehmende Hypophyse ermöglicht (b).

Auch große Tumoren können sehr homogen bleiben. Hingegen verursachen subakute Hämorrhagien Areale einer T1-Verkürzung innerhalb eines Adenoms (Abb. [3a], [3b]). Makroadenome sind auf T2-gewichteten Bildern häufiger hyperintens als Mikroadenome (Abb. [4a], [4b]). Von manchen Autoren wird die Auffassung vertreten, dass eine Hyperintensität auf T2-gewichteten Aufnahmen nützlich sein kann bei der Vorhersage von Makroadenomen, die weich oder teilweise nekrotisch sind und deshalb leicht durch Absaugen und Kürettage zu entfernen sind.

Abb. 3 In dem axialen, nicht angehobenen, T1-gewichteten Bild weisen die Bereiche mit hyperintensem Signal auf das Bestehen einer subakuten Blutung hin (Pfeil; a). Die Sensitivität der MRT bei der Diagnose von Hämorrhagien kann durch den Gebrauch von T2-gewichteten Aufnahmen erhöht werden (suszeptibilitätsgewichtetes Bild; b).

Abb. 4 Koronares, T2-gewichtetes Bild eines Hypophysenadenoms. Beachte das überwiegend hypointense Signal in a, wohingegen b multiple Areale mit einem hyperintensen Signal durchsetzt mit isointens erscheinenden Anteilen in dem Hypophysenadenom zeigt. Die T2-Signalintensität scheint mit einer weicheren Konsistenz des Tumors zu korrelieren, die eine Operation vereinfacht.

Hingegen sind iso- und hypointense Makroadenome im Allgemeinen fest, erfordern eine Präparierung oder die Verwendung von Laser und sind in manchen Fällen durch einen transsphenoidalen Zugang nicht komplett zu resezieren. Ein signifikanter direkter Zusammenhang wurde kürzlich zwischen der Tumorkonsistenz (Festigkeit) und den Werten des apparenten Diffusionskoeffizienten (ADC) beschrieben (Abb. [5a], [5b]).

Abb. 5 Die diffusionsgewichteten Aufnahmen (DWI) zeigen ein Hypophysenadenom mit moderat hyperintensem Signal (a) und einem niedrigen ADC-Wert (b).

Für gewöhnlich füllen Makroadenome die Sella vollständig aus und verdrängen das normale Hypophysengewebe derart, dass es häufig nicht zu identifizieren ist. Entscheidend für die Diagnose eines Makroadenoms ist die Beschreibung des intrasellären Hypophysenanteils. Wenn einmal die Raumforderung der Hypophyse eindeutig zugeordnet werden konnte, sind die infrage kommenden Differenzialdiagnosen sehr beschränkt. Als 2. wichtiges Merkmal dient die Erweiterung der Sella. Während Hypophysenmakroadenome durch ihr langsames Wachstum die Sella vergrößern, ist dies nicht ein Kennzeichen von schnell wachsenden intrasellären Raumforderungen, wie etwa Metastasen.

Die direkte Darstellung des kavernösen Anteils der A. carotis interna und der mittleren und vorderen Hirngefäße macht die präoperative Routineangiografie zur Abgrenzung dieser Gefäße zumindest bei der 1. Operation entbehrlich, während diese bei Rezidivoperationen zum Ausschluss von iatrogenen A.-carotis-interna-Veränderungen, wie z.B Pseudoaneurysmen, auch heute gelegentlich noch durchgeführt wird.

Eine Ausdehnung nach oben in die supraselläre Zisterne ist aufgrund des Kontrastes zum Liquor besonders gut abgrenzbar. Der Nervus opticus, das Chiasma sowie der Tractus opticus lassen sich in ihrem Verlauf über den Tumor direkt darstellen (Abb. [6]). Die MR-Angiografie erlaubt die optimale Darstellung einer Verlagerung der basalen großen Hirnarterien (Abb. [7a], [7b]). Das Vorhandensein einer T2-Hyperintensität im Nervus opticus korreliert mit dem Ausmaß der Chiasma-Kompression und dem Grad der Sehverschlechterung. Eine laterale Ausdehnung des Adenoms in den Sinus cavernosus lässt sich mit der MRT weniger gut abgrenzen (Scott W. Atlas. Magnetic Resonance Imaging of the Brain and Spine. 4th edition Philadelphia, Lippincot: Williams&Wilkins 2008: 1138–1144). Der Grund dafür besteht in der dünnen medialen Wand des Sinus, die nicht immer dargestellt werden kann. Auf der anderen Seite ist eine laterale Ausdehnung mit Auftreten von abnormem Gewebe zwischen der lateralen Wand des Sinus cavernosus und der Arterie der zuverlässigste Hinweis auf einen Einbruch in den Sinus cavernosus (Abb. [8a], [8b]). Präzise Kriterien für eine Nichtinvasion umfassen: normales Hypophysengewebe zwischen Adenom und Sinus cavernosus (PPV 100 %), intaktes mediales venöses Kompartiment (PPV 100 %); weniger als 25 % Ummantelung der A. carotis interna (NPV 100 %). Eine Invasion des Sinus cavernosus liegt sicher vor bei einer Ummantelung der A. carotis interna von mehr als 45 % und dem fehlenden Nachweis von 3 oder mehr Kompartimenten des Sinus cavernosus.

Abb. 6 Koronares, nicht KM-angehobenes, T1-gewichtetes Bild eines Hypophysenmakroadenoms. Beachte die Verlagerung des Chiasma opticum nach oben (Pfeil), die in diesem Fall ursächlich für die progrediente bitemporale Hemianopsie war.

Abb. 7 Axiale MR-Angiografie des Circulus arteriosus Willisi. Das axiale Bild zeigt eine Erweiterung und Impression der basalen Arterien von innen (Pfeil; a). MIP-Rekonstruktionen sind meist ausreichend für die Diagnosestellung, sodass eine konventionelle Angiografie im Allgemeinen präoperativ zumindest bei einem Ersteingriff nicht notwendig ist (b).

Abb. 8 Koronare, kontrastmittelangehobene, T1-gewichtete Bilder bei 2 verschiedenen Patienten mit einem Hypophysenmakroadenom. Beachten Sie die ipsilaterale (a) und bilaterale (b) Invasion des Sinus cavernosus mit Ummantelung der A. carotis interna.

Neuere Daten weisen daraufhin, dass mittels der Multidetector-CT der laterale Tumorrand sowie Erosionen oder Destruktionen des Sellabodens besser zur Darstellung kommen. Bei wachstumshormon-sezernierenden Hypophysenadenomen korrelieren eine signifikante Asymmetrie zwischen den Sinus cavernosi, sehr hohe Prolaktinserumspiegel (> 1000 mg/ml) und deutlich erhöhte Wachstumshormonspiegel sehr gut mit dem Ausmaß einer Invasion.

Eine ausgeprägte Einengung oder ein Verschluss der A. carotis interna ist bei Adenomen sehr selten, aber häufiger bei Meningeomen (Abb. [9a], [9b], [9c]). Im Gegensatz zu der CT kann die MRT nicht hinreichend eine knöcherne Invasion von einem Remodeling und einer Expansion der Sella unterscheiden. Extraselläres Wachstum ist aber nicht vorhersagbar und hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Wachstumsdrang des Tumors, der Ausprägung der Chiasmabefestigung, der Form der Sella turcica und der Beschaffenheit ihres Diaphragmas. Leitwege einer Tumorausdehnung umfassen somit Sinus sphenoidalis und Nasopharynx (der häufigste Typ infolge einer Erosion des Sellabodens), Hypothalamus, Frontallappen, Temporallappen und subtentoriell (qAbb. 9a–c). Die äußerst selten auftretenden Hypophysenkarzinome können lokal infiltrierend wachsen oder sogar intra- und extrakraniell metastasieren.

Abb. 9 Axiales, gadoliniumverstärktes, T1-gewichtetes Bild. Beachte die laterale Ausdehnung des Hypophysenadenoms in die mittlere Schädelgrube (Pfeil; a). Im koronaren, gadoliniumverstärkten, T1-gewichteten Bild kommen die Kompression des Hypothalamus und sogar der Thalamusregion zur Darstellung (b). Beachte auch die Impression des 3. Ventrikels durch das große Hypophysenadenom (c).

Das C11-Methionin-PET kann wichtige zusätzliche Informationen in der Diagnostik von Adenomen liefern aufgrund der Möglichkeit, zwischen vitalem Tumorgewebe und Fibrose, Zysten und Nekrosen zu unterscheiden.

Die Differenzialdiagnose des nach lateral in den Sinus cavernosus wachsenden Hypophysenadenoms umfasst Meningeome, Trigeminusschwannome, Lymphome und Metastasen (Yock H D Jr. Magnetic Resonance Imaging of CNS Disease. A TeachingFile. Mosby 2002: 144–145).

    >