Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - P24
DOI: 10.1055/s-0029-1225099

Die peripartale Depression – welche Belastungsspektren weisen die Mütter auf?

G Huber 1, B Seelbach-Göbel 1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Regensburg, Klinik St. Hedwig Steinmetzstraße 1–3, D-93049 Regensburg

Fragestellung: Peripartale Depressionen können unter anderem durch psychische Vulnerabilität der Patientin sowie deren mangelnde Unterstützung durch das soziale Umfeld bedingt sein. Ziel der Untersuchung ist, Entbundene mit unterschiedlicher zeitlicher Erstmanifestation der depressiven Störung in ihrem Belastungsspektrum zu vergleichen.

Methodik: Einschluss in die postpartale Befragung fanden 21 Entbundene, die im Rahmen eines Screenings (n=193 Frauen) auf peripartale Depression bereits während des III. Trimenons einen auffälligen Score im Edinburgh Postnatal Depression Score (EPDS) aufwiesen (Gruppe A), sowie 35 Frauen ohne Screeningteilnahme, die wegen psychischer Probleme postpartal in unserer Frauenklinik vorstellig wurden (Gruppe B). Im Erhebungsbogen wurde neben psychosozialer Fragen der EPDS, das State-Anxiety-Inventory (STAI) und der Kurzfragebogen zur aktuellen Beanspruchung (KAB) sowie 7 weitere Belastungsitems implementiert. Die Partner erhielten einen Fragebogen mit 6 Belastungsitems. Die statistische Auswertung erfolgte mittels t-test, Signifikanzgrenze bei p=0,05. Ergebnisse: Zwischen den beiden Gruppen zeigte sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich psychosozialer Parameter, Unterstützung durch das Umfeld, depressiver Vorerkrankung, den Scores von EPDS, STAI und KAB sowie der Partnerbelastung. Signifikante Unterschiede ergaben sich in der Gewichtung der Belastungsitems: Während in Gruppe A am häufigsten Gefühlsschwankungen/Ängste, Insuffizienzgefühle und Einsamkeit genannt wurde, waren in Gruppe B die Konfrontation mit der Alltagsrealität, die Fremdbestimmtheit und mangelndes Mutterglück/Mutterliebe vorrangige Probleme. Schlussfolgerung: Frauen, die peripartal unter einer affektiven Störung leiden, werden von ihrer Umwelt häufig in ihrer Mutterfunktion hinterfragt, mit der Folge von sich potenzierenden Scham- und Schuldgefühlen. Unsere Untersuchung zeigt, dass bereits präpartal depressiv-ängstliche Frauen auch postpartal verstärkt unter Insuffizienzgefühlen leiden und an ihrem Ideal von der perfekten Mutter scheitern. Dagegen stellt in der Vergleichsgruppe die neue, nicht perfekte Alltagsrealität das Hauptproblemfeld dar. Um bei der Betreuung betroffener Frauen entsprechende Therapieschwerpunkte setzen zu können, ist es wichtig, die zugrunde liegenden, unterschiedlichen Belastungsspektren der Patientinnen zu kennen.