Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2009; 6 - A79
DOI: 10.1055/s-0029-1225003

Proliferation primärer humaner Brustepithelzellen unter Gestagenzugabe

A Mück 1, H Seeger 1, D Wallwiener 1
  • 1Universitäts-Frauenklinik, Tübingen, Deutschland

Fragestellung: Epidemiologische Studien weisen daraufhin, dass die Gestagenzugabe zu einer Estrogen-Ersatz-Therapie eher negative Einflüsse auf die Brustzellkarzinognese hat. In der WHI-Studie, die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko im kombinierten Arm aufwies, wurde Medroxyprogesteronacetat verwendet. In einer französischen Kohortenstudie wurde allerdings kein erhöhtes Brustkrebsrisiko für Progesteron gefunden. Unklar ist, ob Unterschiede innerhalb der Gestagenklasse existieren und ob das erhöhte Brustkrebsrisiko durch Gestagene auf einer Proliferation prä-existenter Tumorzellen beruht oder ob Gestagene auch die Proliferation von normalen Brustzellen stimulieren können.

Methodik: HMEC Zellen (humane primäre epitheliale Brustzellen, gewonnen aus einer Mammareduktionsplastik) wurden für 4 und 7 Tage inkubiert mit Progesteron (P) und Medroxyprogesteronacetat (MPA) in den Konzentrationen 0.01µM, 0.1µM, 1µM und 10µM. Als Stimulus der Proliferation wurde ein Hypophysenextrakt verwendet. Die Zellproliferationsrate wurde mittels MTT-Assay bestimmt.

Ergebnisse: P bewirkte dosisabhängig eine schwache Hemmung der Proliferation von HMEC Zellen in Kombination mit dem Stimulanz nach 4 und 7 Tagen Inkubation, die im Bereich von ca. 20–30% lag. Keinen Unterschied gab es zwischen den verschiedenen Inkubationszeiten. Im Gegensatz dazu fand sich für MPA keine signifikante Hemmung der stimulierten Proliferation.

Schlussfolgerung: Progesteron und MPA stimulieren nicht das Wachstum von normalen Brustepithelzellen. Gestagene erhöhen das Brustkrebsrisiko möglicherweise somit eher aufgrund der Wachstumsstimulierung von prä-existenten Tumorzellen. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die verschiedenen Gestagene nicht gleichartig wirken dürften. Die Wahl des Gestagens dürfte deshalb in Hinblick auf ein mögliches erhöhtes Brustkrebsrisiko von großer Bedeutung sein.