Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2009; 6 - A78
DOI: 10.1055/s-0029-1225002

Evaluation und Vergleich von psychosozialem Distress bei Brustkrebspatientinnen einer onkologischen Schwerpunktpraxis mit Frauen im Mammografie-Screening

U Mergenthaler 1, J Heymanns 2, H Köppler 2, J Thomalla 2, C van Roye 2, J Schenk 3, R Weide 2
  • 1Institut für Versorgungsforschung in der Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • 2Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • 3Radiologisches Institut Hohenzollernstraße, Koblenz, Deutschland

Zielsetzung: Die Erfassung der psychosozialen Belastung ist für die ganzheitliche Betreuung von Brustkrebspatientinnen (BKP) in adjuvanter und metastasierter Behandlungssituation sowie in der Nachsorge von enormer Bedeutung. Prospektive Daten zur psychosozialen Belastung aus der Versorgungsrealität von BKP in unterschiedlichen Behandlungsphasen im Vergleich mit Frauen im Mammografie-Screening (MGS) existieren bisher nicht. Ziel dieser Untersuchung war die prospektive Erfassung der psychosozialen Belastung von BKP im Vergleich zu Frauen im MGS.

Materialien und Methoden: Alle Brustkrebspatientinnen des Quartals III/08 beantworteten bei ihrem ersten Besuch die Frage nach ihrem subjektiv erlebten Belastungsniveau mittels des Distress-Thermometers (DT) und einer Problemliste (PL). Parallel dazu wurden Teilnehmerinnen eines Mammografie-Screenings befragt. Ergebnisse: Insgesamt wurden 241 BKP und 474 MGS befragt. Mit einem Distresswert >5 zeigten 42% der BKP im Vergleich zu 21% der MGS eine überschwellige Belastung. Das mittlere Distressniveau war bei den BKP signifikant höher (5,2 versus 3,3; p<0,001). In beiden Gruppen gaben jüngere Frauen eine signifikant höhere Belastung an. BKP hatten am häufigsten Probleme mit Erschöpfung (52%), Schlafstörungen (46%), Ängsten (46%) und Schmerzen (45%). Bei den MGS gaben 23%, 33%, 18% und 28% diese Probleme an. Innerhalb der BKP wurden in den unterschiedlichen Behandlungsphasen folgende Distressniveaus gemessen: Metastasierter Brustkrebs: 5,2 (unter antihormoneller Therapie 4,9; unter Chemotherapie 5,2), Adjuvante Therapie: 5,3 (antihormonell 5,7; Chemotherapie 4,3), Nachsorge: 4,7.

Zusammenfassung: Brustkrebspatientinnen haben ein signifikant höheres Distressniveau als Frauen im Mammografie-Screening. Diese Erkenntnis unterstreicht die Wichtigkeit der individuellen Distressevaluation und den daraus resultierenden psychoonkologischen Betreuungsbedarf dieser Patientengruppe. Insbesondere Frauen unter adjuvanter antihormoneller Therapie haben ein vergleichsweise hohes Distressniveau.