Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2009; 44(5): 328-334
DOI: 10.1055/s-0029-1224778
Fachwissen
Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schwere Methämoglobinämie – Diagnostik, Therapie und Pathophysiologie am Beispiel eines Falles

Severe methemoglobinaemia following sodium nitrite ingestionMatthias Moos, Ralph Schröder, Martin Lang, Beat Frauchiger
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Publication Date:
13 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Im vorliegenden Fall wird eine Methämoglobinämie nach akzidenteller Natriumnitrit–Intoxikation beschrieben. Sie wurde verursacht durch die Einnahme eines in der Landwirtschaft gebräuchlichen Futtermittelkonservierungsstoffes. Auf die klinische Symptomatik, die Diagnostik und Therapie der schweren akuten Methämoglobinämie wird näher eingegangen.

Die symptomatische Methämoglobinämie wird vorwiegend durch exogen zugeführte Stoffe verursacht, hereditäre Störungen sind deutlich seltener. Die initiale Symptomatik des Patienten ist vom Methämoglobin–Anteil am Gesamthämoglobin abhängig und reicht von milder Symptomatik (bis 30 % am Gesamt–Hb) bis hin zu einem Bild mit potenziell tödlichem Ausgang bei einem Methämoglobin–Anteil von >70 %.

Bis vor Kurzem war eine nicht invasive Messung des Methämoglobins wie des CO–Hämoglobins nicht möglich. Nun ist ein Pulsoximeter erhältlich, welches 4 Hämoglobine (Oxyhämoglobin, Deoxyhämoglobin, Methämoglobin und Carboxyhämoglobin) zu unterscheiden vermag. Dies vereinfacht insbesondere die präklinische Diagnostik.

Die Therapie einer symptomatischen Methämoglobinämie besteht in der Verabreichung von Methylenblau in einer Dosierung von 1–2mg/kg Körpergewicht. Diese Therapie gilt insgesamt als sicher; als mögliche Komplikationen wurden Rebound–Methämoglobinämien und hämolytische Anämien bei einem Glukose–6–Phosphat–Mangel beschrieben.

Abstract

We report the case of a patient suffering from a severe methemoglobinaemia following accidental sodium nitrite intoxication, a substance frequently used as a preservation agent for animal feed. On base of this case report, pathophysiology, clinical symptoms, diagnostical and therapeutical options with methylene blue (1–2mg/kg of body weight) are discussed. Recently, pulse oximeters capable to measure 4 different hemoglobins have been introduced. These may be helpful for diagnosis especially in the prehospital setting.

Kernaussagen

  • Die akute Methämoglobinämie kann je nach prozentualem Anteil mit einer leichten bis sehr schweren Symptomatik einhergehen und auch tödlichen enden.

  • Bei der Methämoglobinämie besteht eine progrediente sauerstoffrefraktäre Oxygenierungsstörung, die bedingt ist durch die Oxidation des zentralen Eisenatoms im Häm–Tetramer.

  • Die Diagnose kann mit modernen Mehrwellenlängen–ulsoxymetern oder mit der konventionellen Co–Oxymetrie einer Blutgasanalyse gestellt werden.

  • Die rasche Diagnosestellung ist äußerst wichtig, damit die entsprechende Therapie eingeleitet werden kann. Deshalb ist es sinnvoll, bereits präklinisch mittels entsprechender Pulsoxymetrie die Diagnose zu stellen.

  • Die Therapie der schweren und der symptomatischen Methämoglobinämie erfolgt mit Methylenblau 1–2 mg/kg Körpergewicht über 5 Minuten intravenös. Methylenblau ist jedoch kontraindiziert bei bekanntem Glukose–6–Phosphat–Dehydrogenase–Mangel.

  • Eine Intubation des Patienten ist nur bei entsprechender Vigilanzminderung und Aspirationsgefahr gerechtfertigt. Die Oxygenierungsstörung wird dadurch nicht verbessert.

Literaturverzeichnis

Dr. med. Matthias Moos
Dr. med. Ralph Schröder
Dr. med. Martin Lang
PD Dr. med. Beat Frauchiger

Email: matthias.moos@stgag.ch

Email: ralph.schroeder@insel.ch

Email: martin.lang@stgag.ch

Email: beat.frauchiger@stgag.c

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