B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25(5): 210-213
DOI: 10.1055/s-0029-1224675
PRAXIS

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Zur Entwicklung der Winter-Paralympics

K. Schüle1
  • 1Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Rehabilitation und Behindertensport
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Publication Date:
12 October 2009 (online)

Einführung

Wenn in der kommenden Wintersaison die XXI. Olympischen Winterspiele in ­Vancouver und Whistler (12.–28. Februar 2010) vorüber sind, schließen sich vom 12.–21. März die X. Winter-Paralympics in Vancouver an den gleichen Sportstätten und im selben olympischen Dorf an. Grund genug, im vorliegenden Schwerpunktheft einen kursorischen Rückblick auf ihre Entwicklung zu werfen.

Der Winter stellt für Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen (u. a. Gehbehinderte, Armbehinderte, Amputierte, Gelähmte, Blinde) zusätzliche Erschwernisse im Alltag und der Freizeit dar. In Mitteleuropa war das Schlittenfahren und in Skandinavien insbesondere der Schiebeschlitten noch bis zum Zweiten Weltkrieg die häufig einzige Art, auch die Winterlandschaft zu erleben.

Wie bereits während des Ersten Welt­krieges, als junge kriegsverletzte Soldaten einen wesentlichen Beitrag zum „Versehrtensport“ leisteten, haben nun während des Zweiten Weltkrieges ehemalige Ski­läufer Möglichkeiten gesucht, ihren Sport, trotz Verlust von Gliedmaßen oder Sehbeeinträchtigungen, wieder aufzunehmen. So soll der Deutsche Franz Wendl, dem 1941 wegen einer Kriegsverletzung ein Bein amputiert worden war, als ersten „Krückenskiläufer“ an einem Skirennen teilgenommen haben ([5: 12]; Zöller in [1: 94]). In Hans Lorenzens Standardwerk „Lehrbuch des Versehrtensports“ von 1961 [4] wird von speziellen Skiwettkämpfen für Arm- und Beinversehrte in den frühen 50er-Jahren berichtet. Nach Rudhart (in [7: 1]) fanden die ersten Skiwettkämpfe für Versehrte „bereits am 28. Februar 1948 am Wendelstein unter der Regie des VdK-Bayern statt“.

Für „Schwerst-Gehbehinderte“, wie Personen mit einer Querschnittlähmung oder ­einer Doppeloberschenkel-Amputation und andere auf den Rollstuhl angewiesene ­Personen, wurden in den Folgejahren diverse Skischlitten und Mono-Skier (Mini- und Maxiausführung) für alpine, aber auch nordische Sportarten entwickelt (s. u. Sportgeräte), sodass auch für diesen Per­sonenkreis der Wintersport erschlossen wurde. In Deutschland fand diese Entwicklung vor allem in Bayern (Unterjoch) und Baden-Württemberg (Isny) statt.

Parallel hierzu entwickelte sich auch der Skilanglauf für Blinde, wobei ebenfalls ­junge Kriegsblinde die Initiatoren waren. Bereits 1956 veröffentlichte Weinmann „Leitsätze für den Skilauf mit blinden Sportkameraden“. Wenig später wurden vom damaligen Deutschen Versehrtensportverband (DVS) [1] die ersten „Versehrten-Skilehrer“ ausgebildet.

Auch das Eislaufen für Blinde und Beinamputierte ­sowie das Eisbosseln (vergleichbar mit der seit 2006 paralympischen Disziplin Curling) wird schon bis ins Detail bei Loren­zen [4: 381 f.] beschrieben. Später hat dann auch Guttmann [2: 128] die Vor- und Nachteile des Schlittschuhlaufens und des Skisports für Armamputierte einschließlich der Wettkampfregeln des ÖSV, die komplett von der ISOD übernommen wurden, aufgegriffen.

Literatur

  • 1 Deutscher Versehrtensportverband e. V. (DVS), Hrsg .Festschrift. 10 Jahre Deutscher Versehrtensportverband e. V. 1951–1961. Geldern: L.N. Schaffrath; 1961
  • 2 Guttmann L. Sport für Körperbehinderte. München: Urban & Schwarzenberg; 1979
  • 3 Jahnke B, Schüle K. Paralympic Winter Games 1976–2006: Örnsköldsvik – Torino. Wilkens M, International Paralympic Committee, Hrsg. Paris: RLC; 2006
  • 4 Lorenzen H. Lehrbuch des Versehrtensports. Bewegungstherapie als Mittel der Rehabilitation. Versehrtenleibesübungen aus sportpädagogischer Sicht. Stuttgart: Ferdinand Enke; 1961
  • 5 O’Leary H. Bold Tracks. 3. Aufl. Boulder, USA: Johnson Printing; 1994
  • 6 Schade A. Geschichtlicher Überblick: Skisport der Behinderten. In: Deutscher Behinderten-Sportverband e. V., Hrsg. VII. Winter Paralympics 1998 Nagano. Troisdorf: Rautenberg multipress; 1998: 8–10
  • 7 Straub R, Stuber A. Wintersport mit Schwerst-Gehbehinderten. Behinderten- und Versehrten-Sportverband Bayern (BVS), Hrsg. Heft 3, 3. Aufl. Unter­haching: Gerber; 1989
  • 8 Strohkendl H. Entwicklung einer funktionellen Klassifizierung für den objektiven Leistungsvergleich von Rollstuhlsportlern ohne Armschaden im Wettkampf [Dissertation]. Köln: Deutsche Sporthochschule; 1977

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. K. Schüle

Deutsche Sporthochschule Köln · Institut für Rehabilitation und Behindertensport

Am Sportpark Müngersdorf 6

50933 Köln

Email: schuele@dshs-koeln.de

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