Handchir Mikrochir Plast Chir 2009; 41(3): 188
DOI: 10.1055/s-0029-1224198
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ernst Scharizer, 11.6.1922–17.4.2009

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Publication Date:
16 June 2009 (online)

Einer der Begründer unserer Zeitschrift hat uns jetzt verlassen. Sein Tod wird in der Reihe der Senioren der Handchirurgen eine weitere Lücke hinterlassen. Nach längerer Krankheit ist Ernst Scharizer am 17. April 2009 in Heidelberg verstorben. Er verkörperte aufgrund seines Lebenslaufes in der frühen Handchirurgie die Gemeinsamkeit des deutschsprachigen Raumes.

Am 11. Juni 1922 in Graz geboren, konnte er nach seiner Schulausbildung und Ableistung der Arbeitsdienst-Zeit im Frühjahr 1941 in Wien mit dem Medizinstudium beginnen. Nach seiner Einberufung zur Sanitätstruppe der Luftwaffe war er in Norwegen eingesetzt, wo er sich in einer Pathologie bei zahlreichen Obduktionen profunde Kenntnisse in der Anatomie aneignen konnte. Nach kurzem Einsatz an der zurückflutenden Ostfront geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Februar 1946 flüchtete. Er kehrte in einer gefahrvollen Fahrt über die Demarkationslinie nach Wien zurück, wo er sein Medizinstudium fortsetzte und es 1950 beendete.

Nach kurzer Tätigkeit am Anatomischen Institut Wien begann er im Frühjahr 1951 seine unfallchirurgische Ausbildung am Unfallkrankenhaus Wien unter Lorenz Böhler. Zur Erlangung des 1958 erworbenen Facharztes für Unfallchirurgie war eine Tätigkeit in vorgeschriebenen Nebenfächern erforderlich, die Ernst Scharizer unter anderem an der Oststadt-Klinik Mannheim ableistete. Auf wissenschaftlichem Gebiet konnte er sich an Kapiteln der 12./13. Auflage von Lorenz Böhlers Standardwerk „Die Technik der Knochenbruchbehandlung” beteiligen.

Da damals in Österreich große Schwierigkeiten bestanden, eine bezahlte Position als Arzt zu erhalten, nahm Ernst Scharizer 1959 das Angebot des Leiters der Oststadt-Klinik Mannheim Friedrich Warner an, an diese Klinik zurückzukehren (siehe auch in dieser Zeitschrift 34, 146, 2002). Er wurde bald zum Oberarzt ernannt. Mit Gottlieb Zrubecky, dem Nachfolger Warners, war Scharizer schon seit der gemeinsamen Tätigkeit in Wien sehr verbunden; durch dessen Einfluss beschäftigte er sich mehr und mehr mit der Handchirurgie und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten und Buchbeiträge. Mehrere Studienaufenthalte erweiterten sein Wissen. Nach dem Unfall von Zrubecky hat er ein Jahr die Klinik kommissarisch geleitet und war weiterhin als Chefarzt der Handchirurgischen Abteilung tätig. Neben seiner Klinikarbeit, die 1988 endete, war er als Gutachter für Gerichte und Berufsgenossenschaften sowie als Kreisvereinsarzt des Deutschen Roten Kreuzes tätig. Große Schwierigkeiten hatte er zu überwinden, als ihm 1964 als „Ausländer” eine weitere Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung versagt wurde. Er erhielt auf Interventionen schließlich eine Ausnahmegenehmigung, musste jedoch das 2. und 3. deutsche Staatsexamen in Einzelprüfungen ablegen.

Nachdem er bereits frühzeitig Mitglied der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Handchirurgie (DAH) geworden und sich an den Symposien aktiv beteiligte, war er 1973 in Mannheim Präsident des 14. Symposiums. Aufgrund seiner vielfachen Verdienste wurde er 1987 zum DAH-Ehrenmitglied ernannt. 1969 begründete er zusammen mit Jürgen Geldmacher und Dieter Buck-Gramcko die Zeitschrift „Handchirurgie” und war für zehn Jahre einer der Herausgeber.

Im Jahre 2002 trafen sich zu Ernst Scharizers 80. Geburtstag noch einmal alle Freunde und Wegbegleiter, um in Freistadt im Mühlviertel ein großes Fest zu begehen, welches von seiner Frau Gabriele liebevoll und mit großem Organisationstalent ausgerichtet worden war. Kurz darauf wurde das seit 300 Jahren im Familienbesitz befindliche Haus durch eine schwere Überschwemmung stark beschädigt und der Garten völlig zerstört. Die Beseitigung dieser Schäden zog sich über viele Jahre hin und bereitete Ernst Scharizer viele Schwierigkeiten. Auch ließ seine Gesundheit nach; Krankheiten, Unfälle und Operationen setzten ihm sehr zu. Der letztlich doch unerwartet rasche Tod ersparte ihm jedoch ein langes, schmerzhaftes Krankenlager.

Die DAH wird ihn und sein Wirken nicht vergessen.

Dieter Buck-Gramcko

April 2009

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dieter Buck-Gramcko

Am Heesen 14A

21033 Hamburg

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