Einleitung: Das Rett-Syndrom ist nach dem Morbus Down die häufigste Form der mentalen Retardierung
beim Mädchen. In den letzten Jahren wurden bei Mädchen mit früher Manifestation von
Krampfanfällen, Dezeleration des Kopfwachstums und Handstereotypien Mutationen im
Cyclin Dependant Kinase Like–5 (CDKL5)-Gen gefunden.
Fallbericht: Wir berichten über ein eutrophes weibliches Neugeborenes mit tonisch-klonischen
Krampfanfällen seit dem 2. Lebenstag und muskulärer Hypotonie. Schwangerschaft, Geburt
und Familienanamnese hinsichtlich neurologischer Erkrankungen waren unauffällig. Das
interiktale EEG war initial normal. Die Patientin entwickelte eine therapieresistente
Epilepsie mit bis zu 60 Anfällen pro Monat mit kurzen Anfallsfreien Intervallen unter
einer Therapie mit Brom und Valproat. Im Alter von 4 Monaten zeigte sie stereotype
Handbewegungen und eine progrediente Entwicklungsretardierung, später eine Dezeleration
des Kopfwachstums. Molekulargenetisch fand sich eine heterozygote Mutation im Cyclin Dependant Kinase Like–5 (CDKL5)-Gen.
Fazit: Das diagnostische Vorgehen bei neonatalen Krampfanfällen beinhaltet den Ausschluss
von hypoxämischen und hämorrhagischen Ereignissen, Infektionen und Fehlbildungen des
ZNS sowie Stoffwechselerkrankungen. Bei ausbleibendem richtungsweisenden Ergebnis
müssen auch genetische Syndrome in Betracht gezogen werden.
Bei weiblichen Neugeborenen mit neonatalen Krampfanfällen, normalem interiktalen EEG
und muskulärer Hypotonie sollte noch bevor stereotype Handbewegungen und eine Dezeleration
des Kopfwachstums zu beobachten sind, an das Vorliegen eines atypischen Rett-Syndroms
gedacht werden.
Literatur: Bahi-Buisson N et al. Key clinical features to indetify girls with CDKL5 mutations.
Brain, 2008. Archer HL et al. CDKL5 mutations cause infantile spams, early onset seizures,
and severe mental retardation in female patients. J Med Genet, 2006. Evans JC et al.
Early onset seizures an Rett-like features associated with mutations in CDKL5. Eur
J Hum Genet, 2005.