Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213 - PO_N_06_05
DOI: 10.1055/s-0029-1223068

Shah-Waardenburg-Syndrom–eine Familie mit spezifischem Phänotyp und Mutation im EDNRB-Gen

A Reinhold 1, L Graul-Neumann 2, P Degenhardt 3, E Kattner 4, C Bührer 1, D Hüseman 5
  • 1Klinik für Neonatologie, Charite, Universitätsmedizin-Berlin, Campus Virchow Klinikum, Berlin
  • 2Institut für Humangenetik, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 3Klinik für Kinderchirurgie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 4Kinderkrankenhaus auf der Bult, Neonatologie, Hannover
  • 5Klinik für Neonatologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Hintergrund: Das Shah-Waardenburg-Syndrom (WS IV) beinhaltet eine Kombination aus Pigmentstörungen von Augen, Haut und Haaren, Hörstörung sowie Morbus Hirschsprung. Für ein in Berlin geborenes kurdisches Kind und vier verstorbene Geschwister mit weißen Haaren, schwarzer Hinterhauptslocke, Taubheit und intestinaler Aganglionose wurde 1995 der Begriff ABCD-Syndrom geprägt (1). Später wurde bei diesem Kind eine Mutation im EDNRB-Gen nachgewiesen, einem von drei mit dem WS IV assoziierten Genen (2). Der Phänotyp des ABCD-Syndroms ist seither nicht wieder beschrieben worden. Wir berichten über zwei überlebende und weitere früh verstorbene Patienten aus der verzweigten Großfamilie mit nahezu identischer Symptomatik. Kasuistik: Konsanguine kurdisch-libanesische Eltern. Unauffälliger Schwangerschaftsverlauf. Geburt eines term-eutrophen Knaben mit weißen Haaren, schwarzer Hinterhauptslocke und Megakolon. Postnatal Diagnose einer subtotalen intestinalen Aganglionose und beidseitiger Taubheit. Verwandtschaft mit der ABCD- Indexpatientin. Bestätigung der homozygoten c.601C>T- Mutation im Exon 3 des EDNRB-Gens. Versorgung mit Ileostoma, Gastrostoma und Langzeit-Parenteralernährung. Ein verwandtes, 7jähriges Kind mit gleicher Pigmentierungsanomalie und Kurzdarmsyndrom nach Darmresektion bei Hirschsprung lebt in Deutschland. Bei Kindsmutter und weiteren Verwandten bestehen Irisheterochromie und chronische Obstipation. Schlussfolgerung: Die hier vorliegende EDNRB-Mutation verursacht bei Homozygoten einen charakteristischen Phänotyp des WS IV mit spezifischer Pigmentstörung und schwerster intestinaler Innervationsstörung, zuvor als ABCD-Syndrom beschrieben. Heterozygote können Minorsymptome präsentieren.

Literatur: (1) Gross A, Kunze J, Maier RF, Stoltenburg-Didinger G, Grimmer I, Obladen M. Autosomal-recessive neural crest syndrome with albinism, black lock, cell migration disorder of the neurocytes of the gut, and deafness: ABCD syndrome. Am J Med Genet. 1995 Apr 10;56(3):322-6 (2) Verheij JB, Kunze J, Osinga J, van Essen AJ, Hofstra RM. ABCD syndrome is caused by a homozygous mutation in the EDNRB gene. Am J Med Genet. 2002 Mar 15;108(3):223-5