Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213 - PO_N_02_04
DOI: 10.1055/s-0029-1223018

Der postnatale Energieumsatzanstieg bei Frühgeborenen: – Biologische Konstante oder alimentäre Variable?

J Hering 1, D Singer 2
  • 1Klinik Kinderheilkunde IV / Neonatologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg
  • 2Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg

In den ersten Lebenswochen kommt es bei Frühgeborenen (FG) zu einem Energieumsatzanstieg, der oft mit der Nahrungszufuhr begründet wird. Jedoch findet auch bei Reifgeborenen in den ersten Lebensstunden eine Stoffwechselsteigerung statt, die u.a. der Thermoregulation zugute kommt. Damit stellt sich die Frage, inwieweit der postnatale Energieumsatzanstieg als endogene Stoffwechselanpassung (biologische Konstante) oder Ausdruck der Ernährung (alimentäre Variable) zu werten ist.

Zur Klärung dieser Frage wurde in 52 indirekt-kalorimetrischen Messungen (Datex Deltatrac Metabolic Monitor) an 26 FG der 28.–35. Schwangerschaftswoche (Geburtsgewicht 1070–2350g) der Energieumsatz in Relation zu Ernährung und Wachstum bestimmt und mit historischen Daten verglichen, um den Einfluss konstanter (biologischer) und variabler (alimentärer) Faktoren zu differenzieren. Von den ersten Lebenstagen über die zweite und dritte Lebenswoche bis zum Alter >21d ergab sich ein Anstieg des Energieumsatzes von 39,3±2,9 über 58,0±7,2 und 61,3±4,1 auf 67,0±8,2 kcal/kg·d, dem eine Steigerung der Energiezufuhr von 69,9±12,0 über 99,0±14,4 und 114,7±12,9 auf 127,3±12,2 kcal/kg·d gegenüberstand.

Der Vergleich mit historischen Daten lässt eine Einteilung in drei Phasen zu: In einer initialen Phase kommt es zu einem weitgehend konstanten Anstieg des Energieumsatzes unabhängig vom Ernährungsregime. Am Ende bildet sich ein Stoffwechselplateau aus, in dem allein das Ausmaß der Zufuhr über die Wachstumsrate bestimmt. Dazwischen liegt eine variable Übergangsphase, in der Umsatz und Zufuhr eng korrelieren. So scheinen im postnatalen Energieumsatzanstieg bei FG biologische und alimentäre Faktoren gleitend ineinander überzugehen.