Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213 - PO_G_11_07
DOI: 10.1055/s-0029-1222978

Geburtskomplikation nach Genitalbeschneidung (FGM): – Ein Fallbericht

JK Jückstock 1, I Anikwe 1, R Kästner 1, A Gingelmaier 1, B Schiessl 1, F Kainer 1
  • 1Perinatalzentrum Klinikum Innenstadt, LMU München, München

Hintergrund: Weltweit leben 130–150 Mio. beschnittene Frauen (1), davon ca. 25.000–30.000 in Deutschland.(2) Meist sind Afrikanerinnen betroffen. Eine WHO-Studie von 2006 an über 28.000 Frauen mit FGM zeigte einen Anstieg perinataler Todesfälle um 1–4 je 100 Geburten und maternaler Geburtskomplikationen (Hämorraghien, vermehrte und schwerere Verletzungen und postpartale Infektionen).(3) Fallbericht:Ägyptische 31-jähr. I.G I.P mit vorzeitigem Blasensprung mit 39+3 SSW. Nach Geburtseinleitung mit Misoprostol erfolgte bei Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode eine Vakuumextraktion (VE). Dabei wurde eine selbst der Patientin bislang nicht bekannte FGM (Klitoridektomie) festgestellt. Es traten ein hoher Scheidenriss und ein Blutverlust von ca.1000ml auf. Postpartal bildete sich ein paravaginales Hämatom (sonographisch 7×10cm), der Hb lag bei 4,9g/dl. Auf eine operative Revision wurde bei stabiler Größe und Hb verzichtet. Schlussfolgerung: Durch Migration beschnittener Frauen werden europäische Ärzte und Hebammen zunehmend mit FGM und deren Komplikationen konfrontiert. Dabei ist die Beschneidung manchmal weder den Ärzten noch den Patientinnen selbst vor der Geburt bekannt. Daher sollten sich Geburtshelfer bei Frauen aus Ländern mit hohen FGM-Raten bereits präpartal dessen bewusst sein, um eine regelrechte Betreuung dieser Frauen zu gewährleisten. Die primäre Sectio ist jedoch nicht zu bevorzugen. In dem berichteten Fall wurde die FGM von der Patientin weiterhin verneint. Es ist eine große Herausforderung an das geburtshilfliche Team, mit diesen Frauen einen adäquaten Umgang zu erreichen. Hierzu ist neben Wissen über die Realität der FGM auch psychosomatische Kompetenz erforderlich.

Literatur: 1. Lundberg PC, Gerezgiher A.: Experiences from pregnancy and childbirth related to female genital mutilation among Eritrean immigrant women in Sweden Midwifery. 2008 Jun;24(2):214-25. 2. Wacker J, Zerm C, Mothes A und Kantelhardt E: Schwangerschaft und Geburt nach Genitalbeschneidung – Behandlung der Komplikationen Gynäkologe 2008 Sep;41:735-43 3. Banks E, Meirik O, Farley T, Akande O, Bathija H, Ali M.: Female genital mutilation and obestetric outcome: WHO collaborative prospective study in six African countries. Lancet. 2006 Jun 3;367(9525):1835-41.