Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213 - PO_G_06_04
DOI: 10.1055/s-0029-1222921

Adäquate geburtshilfliche Betreuung nach sexuellen Gewalterfahrungen in der Kindheit – Realität und Wunschvorstellung aus der Perspektive 85 betroffener Frauen

B Leeners 1, E Block 2, G Görres 3, B Winkel 4, W Rath 5
  • 1Klinik für Reproduktions-Endokrinologie, Dept. Frauenheilkunde, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
  • 2Private Zahnarztpraxis, Aachen
  • 3Frauennotruf Aachen, Aachen
  • 4Klinik für Reproduktions-Endokrinologie, Dept. Frauenheilkunde, Universitätsspital Zürich, Zürich, CH
  • 5Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, UK Aachen, Aachen

Fragestellung: Die Prävalenz sexueller Gewalterfahrungen in der Kindheit (SGEK) liegt für Frauen im reproduktionsfähigen Alter bei ca. 20%. SGEK sind mit verschiedenen Risikofaktoren/Risikosituationen während der Schwangerschaft und der Entbindung assoziiert. Methodik: Ein für diese Untersuchung entwickelter Fragebogen zu Auswirkungen von SGEK auf eine spätere Schwangerschaft und Entbindung wurde von 85 betroffenen Frauen, welche über den Frauennotruf an verschiedenen Zentren in Deutschland rekrutiert wurden, beantwortet. Ergebnisse: SGEK wurden bei 11 (12.9%) Frauen während der Schwangerschaft und/oder der Entbindung angesprochen. In 6 Fällen resultierten aus diesem Gespräch konkrete Hilfsangebote. Die Frage nach spezifischen Wünschen zu einer verbesserten Begleitung wurde von insgesamt 16 Frauen beantwortet, wobei der Hauptwunsch (N=11) eine höhere ärztliche Kompetenz im Umgang mit Folgen SGEK war. Insgesamt hatte das Entbindungsteam in 8 (9.4%) Fällen Kenntnis von den SGEK. 30 Frauen würden und 43 würden bei einer folgenden Entbindung das geburtshilfliche Team nicht über ihre Vorerfahrungen informieren. Dabei werden eine komplette Aufarbeitung der SGEK (N=9) und unangenehme Erfahrungen bei dem Versuch SGEK zu thematisieren (N=7) als Hauptgründe für die negative Entscheidung genannt. Schlussfolgerung: SGEK können sich ungünstig auf Schwangerschaft/Entbindung auswirken und werden nur extrem selten in die geburtshilfliche Betreuung integriert. Eine höhere Kompetenz von FrauenärztInnen im Umgang mit SGEK würde betroffenen Frauen den Weg ebnen, diese Erfahrungen in die Schwangerenvorsorge zu integrieren, um so den Verlauf von Schwangerschaft und Geburt zu verbessern.