Psychiatr Prax 2009; 36(4): 198
DOI: 10.1055/s-0029-1222543
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Das komplette Handwerkszeug für die psychiatrische Begutachtung

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Publication Date:
08 May 2009 (online)

 

Mit fast 1 000 Seiten bringt "der" Venzlaff-Foerster jetzt über 2kg auf die Waage - ein echtes Schwergewicht. Mit 199,- Euro hat das Werk aber auch seinen Preis. Lohnt diese Investition?

Ich meine, die Anschaffung lohnt unbedingt, auch wenn man schon die Vorauflage(n) im Regal stehen hat. Alle Kapitel wurden entweder völlig neu geschrieben oder grundlegend überarbeitet. Aktuelle und aktuellste Literaturhinweise machen neugierig und führen zu vertiefender Lektüre. Auch die gerade wieder abflauende Diskussion um Willensfreiheit angesichts moderner neurobiologischer Erkenntnisse wird aufgegriffen.

Das Handbuch bewältigt die gesamte Breite psychiatrischer Begutachtung mit einer für die gutachterliche Routine angemessenen Tiefe. Dass einzelne Kapitel für ein praktisches Handbuch zu sehr ins Detail gehen, etwa der Beitrag über ADHS, lässt sich dabei verschmerzen bzw. überfliegen.

Alle Themen der typischen psychiatrischen Begutachtung werden in diesem Werk abgehandelt: von den Rahmenbedingungen mit allen notwendigen praktischen Hinweisen über den umfangreichen strafrechtlichen Teil mit Schwerpunkten bei der Schuldfähigkeitsbeurteilung und beim Maßregelvollzug bis hin zum umfassend aufgearbeiteten Zivil- und Sozialrecht und vielen weiteren Kapiteln zu speziellen Begutachtungsfragen. Die sehr aktuelle systematische Aufbereitung betreuungs- und sozialrechtlicher Fragen, zu denen die häufigsten Gutachtenaufträge eingehen, verdient besondere Erwähnung. Nützliche Hinweise auf gutachterliche Fehler und Fallstricke finden sich in vielen Kapiteln.

Das Werk ist vorbildlich strukturiert und bedient sich fast durchweg einer überaus verständlichen Sprache - beispielgebend dafür, wie klar Gutachten sein sollten. Viele zusammenfassende psychiatrische Erläuterungen sind direkt zitierfähig und könnten in Gutachten übernommen werden, etwa aus den einleitenden Abschnitten mit Basiswissen über psychiatrische Krankheitsbilder für Juristen.

Kritikpunkte und Wünsche für die nächste Auflage fallen demgegenüber kaum ins Gewicht: Einige Kapitel könnten durch tabellarische Übersichten an didaktischer Anschaulichkeit gewinnen. In den Abbildungen von Kapitel 14 vermisst man eine Kurvenbeschriftung, während das Buch ansonsten fehlerfrei redigiert wurde. Noch mehr Spaß würde die Lektüre machen, wenn die Herausgeber z.B. Widersprüche zwischen Kapiteln in Form von Fußnoten o.Ä. aufgreifen würden. So wird die Berechnung der Blutalkoholkonzentration aus der angegebenen Trinkmenge in Kap. 12 als fehlerhaft kritisiert, in Kap. 14 aber unkritisch vorgerechnet.

Meines Erachtens sollte jeder gutachterlich tätige Psychiater Zugang zu diesem hilfreichen Handbuch haben - zumal in der Ausbildung.

Martin Hambrecht, Darmstadt

Email: hambrecht.martin@eke-da.de

Venzlaff U, Foerster K. Psychiatrische Begutachtung. Ein praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen. Hrsg. v. Klaus Foerster und Harald Dreßing. München: Urban & Fischer bei Elsevier. 5., neubearb. u. erw. Aufl. 2009. 968 S. Geb. 199,- Euro. ISBN 978-3-437-22901-5

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