Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - P_157
DOI: 10.1055/s-0029-1221961

Die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms bei alten Menschen im Akutkrankenhaus – ist ein Umdenken erforderlich?

B Hartmann 1, K Schilling 2, T Limbourg 3, K Beckh 2
  • 1Klinikum der Stadt Ludwigshafen, Medizinische Klinik C, Ludwigshafen am Rhein, Germany
  • 2Klinikum Worms, Medizinische Klinik II, Worms, Germany
  • 3Stiftung Institut für Herzinfarktforschung Ludwigshafen an der Universität Heidelberg, Ludwigshafen am Rhein, Germany

Einleitung: Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland steigt stetig an. Auch die Prävalenz des Diabetes mellitus und des Diabetischen Fußsyndroms (DFS) nimmt mit dem Alter zu. Daher werden zunehmend alte und hochbetagte Patienten mit DFS in Akutkrankenhäusern versorgt werden müssen.

Fragestellung: Werden derzeitige Behandlungskonzepte des DFS in Akutkrankenhäusern mit den Schwerpunkten Immobilisation zur Druckentlastung, Infektbekämpfung und invasive Revaskularisation der besonderen Situation alter Patienten gerecht?

Methodik: Alle Patienten, die 2007 in unserer Fußbehandlungseinrichtung betreut wurden, wurden prospektiv in einem Fußregister erfasst. Nach einem Jahr wurde eine Analyse der Patientendaten separat für vier Altersgruppen (<65, 65–74, 75–84 und >84 Jahre) durchgeführt. Pro Altersgruppe wurde der Anteil der Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), die Anzahl invasiver Revaskularisationen, Majoramputation und Tod, als weicher Marker die Mobilität der Patienten ausgewertet.

Statistische Auswertung: Die Daten wurden durch logistische Regressionen mithilfe von SAS 9.1 analysiert. Alle abhängigen Variablen waren dichotom, außer"Alter“, das als kontinuierliche und unabhängige Variable in die statistischen Modelle einging. Als Signifikanzlevel wurde standardmäßig ein p von 0,05 angenommen.

Ergebnisse: 75% der 245 behandelten Patienten waren älter als 65 Jahre. Der Anteil der Patienten mit pAVK stieg mit zunehmendem Alter stetig an (N=245, df=1, χ2=23,06, p=<0,0001). Revaskularisationen nahmen mit dem Alter ab (N=122, df=1, χ2=4,23, p=0,039). Von 122 Patienten mit pAVK wurden 62 Patienten invasiv behandelt. Bei 7 Patienten musste eine Majoramputation durchgeführt werden. Die Majoramputationsrate war altersunabhängig (N=62, df=1, χ2=0,526, p=0,47). Die Todesfälle bei den invasiv behandelten Patienten zeigten keine Korrelation mit dem Alter (N=62, df=1, χ2=2,05, p=0,153). In der gesamten Patientengruppe nahm die Mobilität mit zunehmendem Alter stetig ab (N=245, df=1, χ2=10,25, p=0,014). Auch unter den invasiv Behandelten fiel der Anteil der mobilen Patienten (N=62, df=1, χ2=2,94, p=0,09).

Diskussion: Gerade bei alten Patienten im Akutkrankenhaus steigt das Risiko des Mobilitätsverlustes und damit des Verlustes von Lebensqualität auch ohne Majoramputation. Um der besonderen Situation alter Menschen besser gerecht zu werden, haben wir ein interdisziplinäres Projekt (Ärzte, Pflege, Physiotherapie, Angehörige) gestartet, das möglichst auf Immobilisation in der Therapie des DFS verzichtet und stattdessen alle Beteiligten für eine Mobilitätsförderung sensibilisiert.