Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - FV_BMBF_9
DOI: 10.1055/s-0029-1221877

Gute Stoffwechseleinstellung von Anfang an: Einfluss des HbA1c-Wertes im ersten Diabetesjahr bei präpubertärem Beginn des Typ-1-Diabetes auf die spätere Stoffwechseleinstellung nach der Pubertät: Langfristiges Tracking bei 885 Patienten aus der DPV-Wiss-Datenbank

RW Holl 1, SE Hofer 2, W Rabl 3, T Meissner 4, J Rosenbauer 5, K Kintzel 6 M Grabert 1, Für die DPV-Wiss-Initiative und das BMBF-Kompetenznetz Diabetes
  • 1Universität Ulm, Institut für Epidemiologie, Ulm, Germany
  • 2Universitätskinderklinik, Innsbruck, Austria
  • 3Universitätskinderklinik Schwabing, München, Germany
  • 4Universitätskinderklinik, Düsseldorf, Germany
  • 5Deutsche Diabetes-Zentrum, Epidemiologie, Düsseldorf, Germany
  • 6Havellandkliniken, Kinderklinik, Nauen, Germany

Fragestellungen: Nur wenige prospektive Verlaufsdaten zur Stoffwechselkontrolle über viele Jahre der Diabeteserkrankung liegen bisher vor. Die Frage des langfristigen HbA1c-„Trackings“ ist bei Kindern mit Diabetesbeginn im Kindergarten- und Grundschulalter aufgrund entwicklungsspezifischer Besonderheiten in der Pubertät (physiologische Insulinresistenz, Non-Compliance) besonders relevant.

Methodik: Die DPV-Initiative basiert auf standardisierter, prospektiver EDV-Dokumentation diabetes-relevanter Parameter auf Patientenebene. Neben externen Qualitätsvergleichen (Benchmarking) werden wissenschaftlich-epidemiologische Auswertungen zu medizinischen und versorgungs-epidemiologischen Fragestellungen ermöglicht. Zweimal jährlich werden anonymisierte Verlaufsdaten von den Behandlungszentren exportiert und gemeinsam ausgewertet. Inkonsistente Daten werden zur Korrektur an die Zentren rückübermittelt. Aktuell (September 2008) liegen 901618 Datensätze von 60689 Patienten mit Typ-1-DM aus 298 Einrichtungen aus Deutschland und Österreich (202pädiatrisch, 96 internistisch) vor. Die vorliegende Auswertung basiert auf einem hierarchischen linearen Modell mit medianem HbA1c im Erwachsenenalter als Zielgröße. Als Einflussfaktoren wurden Blutzucker, pH und HbA1c-Wert bei Diagnosestellung, HbA1c-Wert im ersten Diabetesjahr sowie demographischen Variablen auf Patientenebene und Charakteristika des Therapiezentrums berücksichtigt. Ferner wurde adjustiert für die aktuelle Insulintherapie im Erwachsenenalter (Dosis, Therapieform, Insulinart) und die Zentrumsheterogenität als Zufallseffekt. Die HbA1c-Werte wurden mathematisch auf den DCCT-Normalbereich (4,05–6,05%) adjustiert.

Ergebnisse: Von 3802 Patienten (Beginn Typ-1-DM vor dem 10. Geburtstag, im Mittel mit 7,54±2,1J.; 51% weiblich) lagen HbA1c-Langzeitdaten bis nach der Pubertät (>16 Jahre, mittlere Beobachtungsdauer 9,4 Jahre) vor. Blutzucker (422±186mg/dl), HbA1c (11,0±2,5%) und pH-Wert (7,3±0,1) bei Diagnosestellung hatten keinen signifikanten Einfluss auf den medianen HbA1c-Wert im Erwachsenenalter. Dagegen war der HbA1c im ersten Diabetesjahr ein signifikanter und starker Prädiktor für das HbA1c nach der Pubertät: (ß: 0,274 SE: 0,05; p<0,001). Weitere signifikante Einflussfaktoren waren das Alter bei der aktuellsten Untersuchung, sowie die aktuell durchgeführte Insulintherapie (Insulindosis, Insulinart). Keinen Einfluss hatten Jahr der Manifestation, BMI bei Nachuntersuchung sowie Charakteristika des Behandlungszentrums.

Schlussfolgerungen:Über einen mittleren Beobachtungszeitraum von 9,4 Jahren, über die Stoffwechselschwankungen in der Pubertät hinweg, fand sich ein signifikantes und in der Effektstärke relevantes Tracking des HbA1c-Wertes. Klein- und Grundschulkinder mit guter Stoffwechseleinstellung im ersten Diabetesjahr erzielen auch als junge Erwachsene signifikant bessere HbA1c-Werte.