Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - FV_33
DOI: 10.1055/s-0029-1221829

Effekte einer akuten Stressbelastung auf den Glukosemetabolismus und das Immunsystem

B Rose 1, C Herder 1, H Löffler 1, U Poschen 1, M Cavka 2, L Joksimovic 2, K Kempf 1, A Krug 3, S Martin 1, J Kruse 2
  • 1Deutsches Diabetes-Zentrum, Institut für Klinische Diabetologie, Düsseldorf, Germany
  • 2Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Germany
  • 3Medizinische Klinik III, Carl Gustav Carus Universitätsklinik, Dresden, Germany

Fragestellung: Durch akuten psychischen Stress werden die hypothalamisch-hypophysär-adrenerge Achse und das sympathische Nervensystem aktiviert und Stresshormone ausgeschüttet, die neben ihren metabolischen Effekten möglicherweise auch Immunzellen aktivieren und Einfluss auf die subklinische Entzündung haben können. Ziel dieser Studie war es daher, die Effekte von akutem Stress auf die systemische Inflammation und den Glukosemetabolismus zu untersuchen.

Methodik: In die Studie wurden 15 metabolisch gesunde Männer mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD), einem mittleren Alter von 44±11 Jahren und einem BMI von 29,3±4,3kg/m2 eingeschlossen. Alle Probanden erhielten einen oralen Glukosetoleranztest, bei dem an einem von zwei Untersuchungstagen eine akute Stressbelastung (Erinnerung an traumatische Erlebnisse) erfolgte, der zweite Tag diente als Kontrolle ohne Stressexposition. Über 2,5 Stunden wurde regelmäßig Blut entnommen und Glukose, Insulin und Kortisol analysiert. Die Herzfrequenz wurde mittels Langzeit-EKG kontinuierlich registriert. Systemische Spiegel von Immunmarkern wurden mittels hochsensitiven ELISA oder Bead-basiertem Multiplex-Assay (Luminex®) analysiert, die Immungenexpression in Leukozyten mittels quantitativer RT-PCR. Unterschiede der Zeitverläufe wurden mittels Friedman-Test, Vergleiche zwischen zwei Variablen mittels Wilcoxon-Test statistisch überprüft.

Ergebnisse: Nach akuter Stressbelastung im Vergleich zum Kontrolltag kam es zu einer transienten Reduktion der systemischen Spiegel der Chemokine IP-10 (-10%; p<0,05) and MCP-1 (-11%; p<0,05), während die Immunmarker IL-6, TNF-α, IL-8 und IL-18 keine Unterschiede aufwiesen. Im Gegensatz dazu war die Genexpression des inhibitorischen Faktors IKKb in Leukozyten nach Stressbelastung signifikant reduziert (-57%; p<0,001). Durch den akuten Stress kam es zu höheren Blutzuckerspiegeln 30 Minuten nach Ende der Stressbelastung (87,5 vs. 56,0mg/dl; p<0,05) und einer höheren Gesamtinsulinausschüttung (AUC 228 vs. 173 au; p<0,05). Die systemischen Kortisolspiegel und die Herzfrequenz waren unter Stressbelastung leicht, aber nicht signifikant erhöht.

Schlussfolgerung: Akuter psychischer Stress führt zu einer differenziellen und transienten Reduktion bestimmter systemischer Immunmediatoren und zu einem Anstieg der Insulinausschüttung und des postprandialen Blutzuckers. Diese Effekte werden wahrscheinlich über die Kortisolausschüttung vermittelt. Darüber hinaus verweist aber die transiente Inhibition von IKKb als antiinflammatorischem Regulator der NFκB-Kaskade auf eine latente Aktivierung proinflammatorischer Signalwege hin. Ob diese in eine chronische subklinische Entzündungsreaktion münden können, bedarf weiterer Untersuchungen.