Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - FV_17
DOI: 10.1055/s-0029-1221813

Extremitätenerhalt durch autologe Knochenmarkstransplantation (KMT) bei 34 Patienten mit angio-(neuro-)pathischem diabetischem Fußsyndrom (DFS) bei kritischer, nicht revaskularisierbarer Extremitätenischämie (CLI)

C Luedemann 1, R Ratei 2, JA Schmidt-Lucke 1, B Amann 1
  • 1Franziskuskrankenhaus Berlin, Innere Abteilung, Berlin, Germany
  • 2Charité – Campus Berlin Buch, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Berlin, Germany

Einleitung: Ungefähr 50% aller diabeteserkrankten Patienten mit kritischer Extremitätenischämie und konsekutivem angio(-neuro)pathischem diabetischem Fußsyndrom können weder chirurgisch noch radiologisch-interventionell revaskularisiert werden. In diesem Patientenkollektiv liegt eine sehr hohe Amputationsrate (>50%) einhergehend mit einer Sterblichkeit nach Amputation von ca. 25% vor. Da autologe mononukleäre Zellen aus dem Knochenmark (BMNC) potente Quellen von angiogenetischen Cyto- und Chemokinen sind, behandelten wir 34 konsekutive Patienten mit DFS und CLI durch eine autologe Knochenmarkstransplantation zur Induktion der Arteriogenese.

Methodik: 34 Patienten (mittl. Alter 68±8,7 Jahre, 10 Frauen, 24Männer, mittl. Diabetesdauer 18,1±7,1 Jahre, mittl. HbA1c 6,7±1,2) mit DFS und CLI, bei denen alle konservativen und operativen/interventionellen Therapieoptionen ausgeschöpft waren und bei denen eine Majoramputation vorgenommen werden sollte, wurde einmalig autologes Knochenmark (240–500ml) aus dem Beckenkamm entnommen und entweder mittels einer Ficoll-Dichtezentrifugation oder mit dem Harvesttech SmartPrep System separiert. Die aufgereinigten BMNC wurde tief intramuskulär in die ischämische Extremität reinjiziert. Diese Patienten wurden über einen Zeitraum von im Mittel 17 (6–48) Monaten nachbeobachtet, im Verlauf wurden Wundgröße, angiologische Parameter, maximale Gehstrecke und die Amputationsrate (major) erhoben. Die Wundtherapie wurde leitliniengerecht (DDG) weitergeführt.

Ergebnisse: Die durchschnittlich applizierte Zahl von BMNCs lag bei 2,9 (0,3–7,6) Milliarden Zellen. Bei 23 von 34 Patienten (68%) konnte ein Extremitätenerhalt erreicht werden. Der mittlere tcpO2 (Fußrücken) betrug vor KMT 8,2±10,5mmHg, Knöchel-Arm-Index (KAI) 0,15±0,18 (n=14, nur Patienten ohne Mediasklerose), Wundgröße 17,9 (0–200)cm2, Wagner-Stadium 2,1 (0–4), absolute Gehstrecke 10±28m. 24 Wochen nach KMT betrug der mittlere tcpO2 bei den Patienten mit Extremitätenerhalt (n=23) 29,5±17,9mmHg (p<0,005 vs. baseline), KAI 0,54±0,16 (nur Patienten ohne Mediasklerose), Wundgröße 6,2 (0–50)cm2 (p nicht signifikant), Wagner-Stadium 0,9 (0–3) (p<0,005), absolute Gehstrecke 93±129m (p<0,005). Bei den 11 Patienten mit Majoramputation kam es bis zur Amputation zu keinem relevanten Anstieg des tcpO2-Wertes und allenfalls einem geringfügigen Anstieg des KAI. Schwerwiegende, durch die KMT verursachte Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Schlussfolgerung: Nach den vorliegenden Daten kann die Majoramputationsrate bei angio-(neuro-)pathischem DFS durch eine autologe KMT zur Induktion der Arteriogenese deutlich verringert werden. Die hierfür notwendige Prozedur ist sicher und einfach durchführbar.

Zur weiteren Evaluation dieser Methode wird aktuell eine doppelblinde, randomisierte, plazebokontrollierte und multizentrische Studie durchgeführt (NCT00434616, http://clinicaltrials.gov).