Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2009; 3(04): 257-276
DOI: 10.1055/s-0029-1220371
Störungsübergreifende Themen und Methoden

Psychiatrische Notfälle

Frank-Gerald B. Pajonk
,
Thomas Messer
Kernaussagen
  • Bei psychiatrischen Notfällen ist neben der potenziellen Gefahr für den betroffenen Patienten auch eine mögliche Gefährdung anderer Menschen zu beachten.

  • Leitsymptome des psychiatrischen Notfalls sind Störungen des Bewusstseins, des Antriebs und der Stimmung.

  • Ein psychiatrischer Notfall erfordert zum Ausschluss einer exogenen Ursache oder organischer Erkrankung neben der Erhebung eines differenzierten psychopathologischen Befundes obligatorisch eine körperliche Untersuchung und den Einsatz apparativer Untersuchungen.

  • Psychiatrische Notfälle sind nach internistischen Notfällen die zweit- bis dritthäufigste Einsatzursache für einen Notarzt.

  • Psychiatrische Störungen werden in Notaufnahmen nur zum geringen Teil erkannt und angemessen versorgt.

  • Selbst bei gesicherter Suchtmitteleinnahme sollte nach weiteren Ursachen für die Symptomatik und nach begleitenden Verletzungen gesucht werden, damit Differenzialdiagnosen nicht übersehen werden.

  • Für Erregungszustände und sich ankündigende Aggressivität gibt es charakteristische Prodromalsymptome. Sie können jedoch auch unvermutet und völlig unverhältnismäßig auftreten (Raptus).

  • Über 10 % der Ärzte erleiden im Laufe ihres Berufslebens Verletzungen als Folge von Aggressivität durch Patienten.

  • Bei Lebensbedrohung, blindwütigem Rasen oder im Erregungssturm ist das entschiedene, unmissverständliche und koordinierte Vorgehen von medizinischem Personal, Ordnungs- und Rettungskräften zur Verhinderung von Personenschäden aus zahlenmäßig hoher Überlegenheit unumgänglich.

  • Mit der Durchführung eines Suizidversuchs ist Suizidalität in der Regel nicht erloschen.

  • Eine Krisenintervention ist auf die unmittelbare Stabilisierung des Patienten ausgerichtet. Eine Krise wird in den seltensten Fällen durch die Krisenintervention gelöst.

  • Die Kombination von Antipsychotika und Benzodiazepinen ist bei schweren Unruhe- und Erregungszuständen am effektivsten.

  • Eine rasche Besserung bei ängstlichen Depressionen oder quälender innerer Unruhe kann durch Benzodiazepine (z. B. Lorazepam) erfolgen.

  • Clomethiazol ist bei manifestem Vorliegen eines Alkoholentzugsdelirs nicht mehr gut wirksam.



Publication History

Publication Date:
01 July 2009 (online)

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York