Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - P400
DOI: 10.1055/s-0029-1216259

Musikunterstütztes Training in der neurologischen Rehabilitation motorischer Funktionen nach Schlaganfall

S Büttner 1, E Altenmüller 1, M Sailer 1, T Münte 1, J Marco-Pallarés 1, S Schneider 1
  • 1Magdeburg, Hannover

Fragestellung: Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Klavierspiel bereits nach 20-minütigem Training neuroplastische Veränderungen objektivierbar sind (Bangert & Altenmüller, 2003). Diese Befunde gaben Anlass, Trainingskonzepte für die Rehabilitation motorischer Funktionen nach Schlaganfall, die den Einsatz von Musik vorsehen, zu entwickeln und ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

Methoden: Es wurde ein musikunterstütztes Training für Patienten nach Schlaganfall entwickelt. 32 Patienten mit armbetonter Hemiparese und ohne musikalische Vorerfahrung trainierten fein- und grobmotorische Funktionen am MIDI-Klavier und an elektronischen Drumpads. 30 Kontrollprobanden erhielten ausschließlich Standardtherapien. Zusätzlich wurden 15 Patienten untersucht, die ein motorisches Training nach Taubschem Konzept erhielten. Motorische Funktionen der Teilnehmer wurden mithilfe einer extensiven Testbatterie untersucht. Weiterhin wurden im Verlauf des Trainings elektrophysiologische Parameter mittels Elektroenzephalogramm (EEG) erhoben. Hierbei wurden die ereigniskorrelierte Desynchronisation/Synchronisation sowie Kohärenzen während selbstinitiierter Bewegungen berechnet. Ausgehend von dem Prinzip des akustischen Feedbacks wurde ein musikunterstütztes Gangtraining entwickelt und seine Praktikabilität getestet. Teilnehmer trugen Sensoren an den Füßen, die bei Bodenkontakt des Fußes die Ausgabe eines Klaviertons triggerten. Ein EEG wurde gangbegleitend bei 15 gesunden Probanden abgeleitet, um die Einsetzbarkeit dieser Messmethode in der Evaluation eines musikunterstützten Gangtrainings zu ermitteln.

Ergebnisse: Teilnehmer des musikunterstützten Trainings von Arm- und Handfunktionen zeigten signifikante Verbesserungen motorischer Funktionen im Hinblick auf Bewegungsspielraum, -geschwindigkeit und -qualität gegenüber den Kontrollgruppen. Signifikante Gruppenunterschiede ergaben sich ebenso in den elektrophysiologischen Daten.

Erste Analysen des gangbegleitenden EEGs bei gesunden Probanden zeigten eine Begleitung der Gehbewegungen durch rhythmische EEG-Veränderungen, in Form eines Bereitschaftspotenzials mit einem Beginn um etwa 250ms vor dem Bodenkontakt des Fußes.

Schlussfolgerung: Das musikunterstützte Training motorischer Arm- und Handfunktionen ist ein vielversprechendes Konzept in der Rehabilitation nach Schlaganfall. Weitergehend untersucht wird die Wirksamkeit eines musikunterstützten Gangtrainings für Patienten nach Schlaganfall, speziell auf elektrophysiologischer Ebene.