Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - P379
DOI: 10.1055/s-0029-1216238

Pathologie cholinerger Innervation in Patienten mit Delir bei Demenz: Eine Diffusions-Tensor Studie

SH Kreisel 1, M Röwekamp 1, F Wörmann 1, C Thomas 1
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Fragestellung: Patienten mit einer zugrunde liegenden Demenz haben ein deutlich erhöhtes Risiko ein Delir zu entwickeln mit z.T. erheblichen Konsequenzen i.S. einer weiteren Verschlechterung kognitiver wie funktioneller Defizite. Zwar ist die Entstehung des Delirs multifaktoriell, jedoch wird angenommen, dass eine gemeinsame „Endstrecke“ i.S. einer Störung der cholinergen Neurotransmission vorliegen könnte. Die cholinergen Ursprungsgebiete liegen v.a. in medio-basalen Anteilen des Frontalhirns und innervieren distante kortikale Strukturen. Histochemische Untersuchungen legen nahe, dass diese Innervation nicht diffus, sondern anhand umschriebener Faserbündel erfolgt. Wir untersuchen hier mittels Diffusions-Tensor Bildgebung (DTI) ob Veränderungen dieser Bahnen bei Patienten mit Delir bei Alzheimer-Demenz vorliegen, im Vergleich zu Alzheimer-Patienten ohne eine Delir-Vorgeschichte.

Methoden: 10 Patienten mit einer Alzheimer-Demenz die wegen eines Delirs (AD+D) stationär behandelt wurden, wurden mit 10 Alzheimer-Patienten (AD) verglichen bei denen anamnestisch keine Delir-Vorgeschichte vorlag. Die Diagnose eines Delirs wurde klinisch gestellt, alle Patienten wurden neuropsychologisch evaluiert und erhielten ein EEG. Das MRT umfasste strukturelle wie DTI-Sequenzen. Der Gruppenvergleich der DTI wurde mittels „tract-based spatial statistics“ (software: FSL; FMRIB, Oxford) durchgeführt. Es wurden a priori nur die Areale der weißen Substanz untersucht (i.e. ROI), die entsprechend histochemischen Daten cholinerge Faserbündel aufweisen. Des Weiteren wurde eine voxel-basierte Morphometrie der grauen Substanz durchgeführt sowie das Hirnvolumen ermittelt.

Ergebnisse: Im Bereich der ROI zeigte der fronto-basale Aspekt des Fasciculus uncinatus bilateral, rechts deutlicher als links, eine signifikant niedrigere FA (p<0,05, korrigiert für multiples Testen) in AD+D Patienten. Es bestanden keine Unterschiede in der Demenzdauer und -schwere zwischen den Gruppen. Des Weiteren ergab sich kein Gruppenunterschied der kortikalen Atrophie oder des Hirnvolumens.

Schlussfolgerungen: Dies ist die erste bildgebende Untersuchung der weißen Substanz bei Patienten mit Delir bei Demenz. Hypothesen kongruent, zeigte sich eine Pathologie der Bahnen cholinerger Übertragung, hier im Bereich des fronto-basalen Anteils des Fasciculus uncinatus. Es bleibt jedoch offen ob dies eine pathognomonische Veränderung darstellt oder ein unspezifisches Korrelat degenerativer Veränderungen ist.