Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - P337
DOI: 10.1055/s-0029-1216196

Trigeminale Verarbeitung nozizeptiver Reize bei Migränepatienten – eine fMRI-Studie

A Stankewitz 1, A May 1
  • 1Hamburg

Theoretischer Hintergrund: In den letzten Jahren wurde eine Reihe Bildgebungsdaten veröffentlicht, die die Pathophysiologie der Migräne untersuchten. Die meisten Arbeiten zum trigemino-vaskulären System als zentrale, im Schmerzprozess der Migräne involvierten, Struktur, benutzten jedoch das PET (Positronen-Emissions-Tomografie), mit geringer räumlicher und zeitlicher Auflösung.

Methodik: Eingeschlossen wurden 20 Migränepatienten und 20 alters- und geschlechtsgematchte gesunde Kontrollpersonen, die während einer funktionellen Magnetresonanztomografie-Messung (fMRI) in einem event-related design einer randomisierten Abfolge von olfaktorischen Duftreizen und trigeminal nozizeptiven Reizen ausgesetzt wurden. Die Intensität des Schmerzes bzw. des Geruches wurde auf einer numerischen Skala (NRS) erfasst.

Ergebnisse: Beide Gruppen aktivierten das mittlere Cingulum, Thalamus, Hypothalamus, S1/S2 und Inselrinden; jedoch mit unterschiedlicher Ausprägung. Während gesunde Kontrollen stabile Aktivierungsmuster unter FDR (false discovery rate)-Korrektur zeigten, waren Kontraste dieser Areale in der Patientengruppe erst bei einer statistisch signifikant niedrigeren Schwelle ersichtlich. Die Ratings unterschieden sich nicht signifikant. Eine „time by condition interaction“-Analyse zeigte einen signifikanten Unterschied zugunsten gesunder Kontrollpersonen, bilateral, in Hirnstammarealen (untere Pons/rostrale Medulla).

Innerhalb einer Session zeigten Migränepatienten, nicht jedoch gesunde Probanden eine deutliche Dishabituation.

Diskussion: Trotz Limitationen hinsichtlich der Lokalisation von Hirnstammkernen in fMRI-Bildern (räumliche Auflösung fMRI, Pulsschlag und Kopfbewegung der Probanden/Patienten, u.a.) ist das oben beschriebene Hirnstammareal am ehesten dem Gebiet des spinalen trigeminalen Nucleus zuzuordnen. Die Aktivität antinozizeptiver Hirnstammareale, die sich in räumlicher Nähe befinden (z.B. Raphe-Kerne) muss diskutiert werden.

Da unterschiedliche Schmerzschwellen die Daten nicht erklären können, deuten die funktionellen Ergebnisse auf eine Untererregbarkeit der Migräniker in diesem Gebiet hin, eventuell auch auf eine Dysfunktionalität des inhibitorischen Systems.