Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - P318
DOI: 10.1055/s-0029-1216177

Die gemeinsame Referenz bei der Elektroencephalografie: Medianwerte im Vergleich zu Mittelwerten

AC Nirkko 1, J Slotboom 1, K Schindler 1, C Rummel 1
  • 1Bern, CH

Fragestellung:Üblicherweise wird in der Elektroenzephalografie (EEG) bei der monopolaren Darstellung der Mittelwert der Signale aller EEG-Elektroden als gemeinsame Referenz verwendet. Dies ist Artefakt-anfällig und beeinträchtigt auch die korrekte Lokalisierung der Hirnaktivität. Der Median ist auch in der Signalverarbeitung ein robuster alternativer Estimator des zentralen Momentes. Wir untersuchten seine Eigenschaften bei der qualitativen und quantitativen Auswertung von EEG-Signalen.

Methoden: Digital gespeicherte EEG-Aufzeichnungen aus der klinischen Routine wurden reanalysiert: die Signale wurden einerseits auf den üblichen Mittelwert und andererseits auf den Medianwert als gemeinsames Referenzsignal bezogen. Der Einfluss der für das Referenzsignal verwendeten Methode auf die qualitative (visuelle) EEG-Auswertung wie auch auf quantitative EEG-Parameter (Frequenzanalyse und Eigenwertspektren) wurde untersucht.

Ergebnisse: Bei der üblichen monopolaren Mittelwert-Referenz kamen hochamplitudige, von einzelnen Elektroden herrührende Artefakte auf allen Kanälen zur Darstellung. Hochamplitudige oder breit lokalisierte fokale Hirnaktivität (Delta-Verlangsamungsherde, aber auch die okzipitale Alpha-Aktivität) kam auf der gegenüberliegenden Seite des Hirns phasenumgekehrt gespiegelt zur Darstellung. Median-basierte Referenzsignale führten zu einer engeren Lokalisierung und waren resistent gegen Artefakte. Die quantitative Auswertung von EEG wie auch ereigniskorrelierter Aktivität (Bereitschaftspotentiale) bestätigten die verbesserten Signaleigenschaften, ohne dass es zu Verzerrungen von Frequenzspektren oder Kohärenzwerten kam. Die minimal notwendige Anzahl erfasster Ereignisse zur Darstellung von Bereitschaftspotentialen reduzierte sich von 100–150 auf 30–80.

Schlussfolgerungen: Bei der heutigen digitalen EEG-Technologie ist die Verwendung von Median-basierten Referenzsignalen problemlos möglich, womit die übliche, auf älterer analoger (Papier-) EEG-Technologie basierte Mittelwert-Referenz grundsätzlich ersetzt werden könnte. Die (monopolaren) Signale werden robuster und besser lokalisiert, ohne dass Nachteile hinsichtlich qualitativen oder quantitativen Auswertungen festgestellt werden.