Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - A169
DOI: 10.1055/s-0029-1216144

Schlaf und Bildgebung

TC Wetter 1
  • 1München

Schlaf und Schlafstörungen werden traditionell von einer elektrophysiologischen bzw. polysomnographischen Perspektive aus betrachtet. Fortschritte für das Verständnis des Schlafes werden insbesondere von einer genaueren Identifizierung und Charakterisierung der Hirnregionen, welche die verschiedenen Schlafphasen (REM- bzw. die Stadien des nonREM-Schlafes) regulieren, erwartet. Die Methode des EEG alleine ist dafür nicht ausreichend, da es zwar eine hervorragende zeitliche, jedoch keine ausreichende räumliche Auflösung hat, um funktionell-topographische Untersuchungen durchzuführen. Zur Beantwortung dieser Fragestellung sind funktionelle bildgebende Methoden wesentlich besser geeignet. Bisherige Studien zeigen, dass die Gehirnaktivität im Schlaf in Abhängigkeit von dem jeweiligen Schlafstadium, schlafphysiologischen Ereignissen und der vorangegangenen Wachheit in spezifischen kortikalen und subkortikalen Arealen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. PET-Studien zeigen eine verstärkte Aktivität in limbischen und paralimbischen Cortexarealen im REM-Schlaf und eine Abnahme in thalamokoritikalen Netzwerken während des nonREM-Schlafes. Ein wesentlicher Vorteil der fMRT ist die hohe räumliche und zeitliche Auflösung, die allen anderen funktionellen bildgebenden Methoden überlegen ist. Dadurch werden Aussagen zur Topografie der Aktivierungsmuster und damit zur funktionellen Anatomie des Schlafes möglich. Für die sichere Identifizierung von Schlaf und Schlafstadien ist es erforderlich, simultan zur fMRT das EEG des Schlafes kontinuierlich mit zu erfassen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Voraussetzungen, im Tomographen ein stabiles Schlafstadium zu erreichen, ungünstig sind. Die von den Gradientenspulen erzeugten lauten Klopfgeräusche und die auf Dauer unbequeme Rückenlage in räumlicher Enge erschweren das Einschlafen und die Untersuchung unter möglichst „natürlichen“ Bedingungen. Aufgrund dieser methodischen Anforderungen haben fMRT-Untersuchungen erst seit wenigen Jahren Eingang in die Schlafforschung gefunden. Dennoch ermöglicht dieser Ansatz, Grundlagen der Schlafphysiologie, die aus der Tierschlafforschung kommen, zu überprüfen, aber auch neue Konzepte zur Neurobiologie des Schlafes zu entwickeln. Im Hinblick auf Schlafstörungen wurden bisher nur sehr wenige bildgebende Untersuchungen durchgeführt, u.a. zur Pathophysiologie der Insomnie, Narkolepsie oder schlafbezogener motorischer Störungen. Eine Interpretation dieser Ergebnisse ist aufgrund methodischer Einschränkungen und geringer Patientenzahlen nur begrenzt möglich. Dennoch kann man erwarten, dass in zukünftigen Studien bildgebende Techniken zum Verständnis der neuronalen Grundlage von Schlafstörungen beitragen und die elektrophysiologischen Methoden auch im Hinblick auf die Diagnose, Klassifikation, Behandlung und das Monitoring von Schlafstörungen ergänzen werden.