Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - V165
DOI: 10.1055/s-0029-1216142

Gangstörung bei Multipler Sklerose – Untersuchung mit einem computergestützten Ganganalysesystem

HB Hülsbömer 1, A Thomas 1, T Morgenbesser 1, W Steinke 1
  • 1Düsseldorf

Fragestellung: Evaluation eines computergestützten Ganganalysesystem (Infotronic Ultraflex, CG) im Vergleich zur Selbsteinschätzung der Patienten und der ärztlichen Untersuchung zur Beurteilung von Gangstörungen bei Multipler Sklerose (MS)

Methoden: Prospektive Beurteilung von 35 Patienten mit MS (12 schubförmig, 10 schubförmig progr., 5 sekundär chronisch progr., 8 primär chronisch progr.) durch drei Visiten im Abstand von 6 Monaten. Korrelation der geschätzten und gemessenen Gehstrecke, des subjektiven und objektiven Verlaufs, von neurologischer Untersuchung und EDSS mit den Ergebnissen der CG.

Ergebnisse: 35 Patienten (24 w, 11m, Mittel 49 Jahre), gemittelter EDSS bei Visite 1 3,29, bei 2 3,44, bei 3 3,64. Gruppe A (schubförmig) war signifikant besser im Vergleich zu den anderen Gruppen (p<0,01). Über alle Gruppen zeigte die Progredienz des EDSS zwar einen Trend, der jedoch keine Signifikanz erreichte (95% level). Bei CG gemessener Geschwindigkeit waren die Gruppen A+C (schubförmig und sekundär chronisch progr.) signifikant (p<0,05) besser als B+D (schubförmig progr. und primär chronisch progr.), negativer Trend ohne Signifikanz. Weitere Parameter (z.B. geschätzte und tatsächliche Gehstrecke) zeigten eine ähnliche Verteilung, untereinander jedoch nur eine mäßige Korrelation (r=0,6–0,7). Abweichend zum statistisch negativen Verlauf war die Selbsteinschätzung der Patienten differenzierter. Die durch CG ermittelte Schrittfrequenz war in D geringer (p<0,01) ohne Verlaufstrend und ist damit wie weitere Schrittparameter (z.B. monopedale Stand- und Schwungzeit) nicht für die Verlaufsbeurteilung geeignet, obwohl die Korrelation mit der Geschwindigkeit über alle Visiten hinweg statistisch mit r=0,8 noch recht gut war, bei geringer Korrelation zum EDSS (r=0,54). Die Korrelation von EDSS zur von der CG gemessenen Geschwindigkeit lag bei 0,75. Schwäche und Ataxie sind die häufigsten genannten Ursachen für Gangstörungen bei MS.

Schlussfolgerungen: Verschiedene Methoden (EDSS, Selbsteinschätzung des Patienten, ärztliche Untersuchung und Beurteilung, CG) sind in der Lage, Einschränkungen des Gehvermögens von Patienten mit MS sicher zu dokumentieren. Die CG ist dabei hilfreich und stützt die ärztliche Verlaufsbeurteilung, Patienten überschätzen die tatsächlichen Veränderungen im Verlauf. Die Ganggeschwindigkeit ist als integrativer Endpunkt der valideste Parameter der CG, andere Parameter sind lediglich für die intraindividuelle Verlaufsbeurteilung geeignet.