Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - V160
DOI: 10.1055/s-0029-1216138

Oszillatorische EEG-Aktivität unter kognitiver Belastung bei leistungsstarken jüngeren und älteren Probanden

B Kopp 1, C Uhlmann 1, J Howe 1, K Wessel 1
  • 1Braunschweig

Wir berichten über die Ergebnisse einer Hirnalterungsstudie auf der Basis der quantitativen Analyse von EEG-Biosignalen. An dieser Studie nahmen insgesamt 40 Probanden in zwei Altersgruppen teil (Durchschnittsalter: 22 bzw. 70 Jahre). Alle älteren Teilnehmer waren nach Maßgabe einer neuropsychologischen Untersuchung dem oberen Leistungsbereich zuzuordnen.

Die EEG-Ableitung erfolgte unter kognitiver Belastung. Die Probanden führten Aufgaben zur Untersuchung kognitiver Flexibilität aus. Dabei zeigten sich die älteren Teilnehmer gegenüber den jüngeren Teilnehmern hinsichtlich der Reaktionsschnelligkeit deutlich verlangsamt, während sich die Fehlerraten der beiden Altersgruppen nicht voneinander unterschieden.

Die Analyse der EEG-Oszillationen stützte sich auf die Anwendung komplexer Morlet-Wavelets in den Theta-, Alpha- und Beta-Frequenzbändern. Dabei wurden evozierte und induzierte oszillatorische EEG-Aktivitäten ausgewertet. Hinsichtlich der evozierten EEG-Oszillationen imponierten stärkere fronto-parietale Theta-Aktivitäten im Zeitbereich der Reaktionsauswahl bei den älteren im Vergleich zu den jüngeren Teilnehmern. Bei den induzierten EEG-Oszillationen ergab sich eine doppelte Dissoziation: Jüngere Teilnehmer wiesen eine stärkere Alpha-Suppression an occipito-parietalen Elektroden im Zeitfenster der Darbietung der Stimuli auf, während ältere Teilnehmer eine stärkere Beta-Suppression an präzentralen Elektroden im Zeitbereich der Reaktionsauswahl aufwiesen.

Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund thalamo-kortikaler Mechanismen der Genese von EEG-Rhythmen diskutiert. Die Analyse der EEG-Oszillationen deutet auf eine stärkere Bahnung der Signaltransmission zwischen posteriorem Thalamus und visuellem (Assoziations-)Kortex bei jüngeren Teilnehmern und auf eine schwächere exzitatorische Signaltransmission zwischen ventrolateralem Thalamus und dem (prä-)motorischen Kortex bei älteren Teilnehmern hin. Alpha-Suppression wird im Allgemeinen mit der Inhibition des Nucleus reticularis thalami in Verbindung gebracht; die präzentrale Beta-Suppression könnte demgegenüber mit einer Modulation der striato-pallido-thalamischen Signaltransmission Verbindung stehen. Die stärkere Beta-Suppression älterer Teilnehmer scheint mit einer funktionellen Dysregulation automatischer Reaktionsbahnung in Verbindung zu stehen, zugunsten einer kortikal kontrollierten Reaktionsauswahl, wie dies durch die stärkere, evozierte fronto-parietale Theta-Aktivität indiziert wird.