Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - V141
DOI: 10.1055/s-0029-1216126

Handlungsbeobachtung und -vorstellung führen bei linkshemisphärischen Infarkten zu einer stärkeren Aktivierung als bei rechtshemisphärischen

V Wenkeler 1, T Hassa 1, F Hamzei 1, C Weiller 1, O Tüscher 1, J Liepert 1, C Dettmers 1
  • 1Allensbach, Gailingen, Freiburg, Konstanz

Hintergrund: Video- und Spiegeltherapie werden in der neurologischen Rehabilitation propagiert als zusätzliche Therapieoption bei Patienten mit Armparese nach Schlaganfall. Es gibt jedoch Untersuchungen, die zeigen konnten, dass ein fazilitierender Effekt der Bewegungsvorstellung nur bei linkshemisphärischen Infarkten auftritt und dies auch nur im Bereich der gesunden Hemisphäre (Stinear et al 2007). Bei einer Gruppe von 10 Patienten wurde mittels fMRT bestätigt, dass eine Zunahme des BOLD Signals im Bereich des primärmotorischen Kortex und der supplementärmotorischen Area (SMA) vorwiegend im Bereich der gesunden Hemisphäre zu finden ist (Kimberley et al 2007).

Fragestellung: Innerhalb der an unserer Klinik in Allensbach und Konstanz laufenden Evaluationsstudie der Videotherapie haben wir jeweils die ersten 9 rechts- und linkshemisphärischen Infarkte ausgewertet, und geschaut, ob sich bei der Beobachtung und Vorstellung von objektbezogenen Handlungen ein Unterschied in der Aktivierung im fMRT zeigt.

Methoden: Von den Phase-D Patienten wurden diejenigen Patienten mit Hirninfarkt eingeschlossen, die eine behandlungsbedürftige Handparese mit erhaltener Restfunktion zurück behalten hatten. Während dem fMRT bekamen die Probanden u.a. abwechselnd in Blöcken Videos von objektbezogenen Handbewegungen präsentiert, die sie sich anschauen sollten oder anschauen und gleichzeitig sich vorstellen die Bewegung selbst auszuführen. Die dargestellten Bewegungen waren einfache, entweder rechts- oder linkshändische Handlungen wie eine Flasche aufschrauben, aus eine Flasche in ein Glas einschenken etc.

Ergebnisse: Beobachtung und Vorstellung einer Handbewegung mit der betroffenen und mit der nicht betroffenen Hand führt bei linkshemisphärischen Infarkten zu einer stärkeren Aktivierung als bei rechtshemisphärischen Infarkten.

Diskussion: Visuomotorische Assoziationsareale lassen sich bei linkshemisphärischen Infarkten während Handlungsbeobachtung und Handlungsvorstellung stärker aktivieren als bei rechtshemisphärischen Infarkten. Unterschiedliche Infarktvolumina, Selektionsbias durch Ausschluss von Aphasikern müssen ausgeschlossen werden. Es wird diskutiert, inwiefern Aufmerksamkeitsstörungen bei den rechtshemisphärischen Infarkten eine Rolle spielen. Die Befunde kontrastieren mit der klinischen Erfahrung, dass linkshemisphärische Infarkte nicht grundsätzlich besser stimulierbar sind als rechtshemisphärische. Sie gehen in eine ähnliche Richtung wie die oben zitierten.

Abb.1: In der oberen Zeile sind die linkshemisphärischen Infarkte (A+B) abgebildet, in der unteren die rechtshemisphärischen (C-D). In der linken Spalte sind die Aktivierungen während der Beobachtung und Vorstellugn von linkshändigen Bewegungen (A+C) zu sehen, in der rechten Spalte bei Beobachtung und Vorstellung von rechtshändigen Bewegungen (B-D).

Tab. 1: NIHSS National Institute of Health Stroke Scale; MAL Motor Activity Log (Quality of Movement (QOM) & Amount Of Use (AOU)); SIS Stroke Activity Scale für den Bereich Motorik (Skala 1) und Alltagsaktivitäien (ADL, Skala 5 und 7)

Linkshemisphär. Infarkte

Rechtshemisphär. Infarkte

Geschlecht

w=l, m=8

w=5, m=4

Alter

59,2

57,8

Tage nach Infarkt

730

1903

Dominante Hand

9

0

NIHSS

3,33

3,78

NHPT, betroffen (Sek.)

147

122,5

NHPT, nicht betroffen (Sek.)

15,92

15

MAL, QOM

19,44

19,13

MAL, AOU

21,67

20,75

SIS, Skala 1

12,44

13,56

SIS, Skala 5

48,11

43,67

SIS, Skala 7

10,67

13,22