Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - A136
DOI: 10.1055/s-0029-1216123

Dynamische Repräsentation visueller Halbfelder im frontoparietalen Aufmerksamkeitsnetzwerk

SA Brandt 1, A Kraft 1
  • 1Berlin

In welchem Ausmaß sind die visuellen Halbfelder im dorsalen fronto-parietalen Aufmerksamkeitsnetzwerk repräsentiert? Studien an Neglect-Patienten lassen vermuten, dass die linke Hemisphäre eine Präferenz für das kontralaterale Halbfeld zeigt während die rechte Hemisphäre beide Halbfelder abbildet (Mesulam 1999). Diese Modellvorstellung wird jedoch kontrovers diskutiert da aktuelle funktionell-bildgebende Studien (fMRT) an gesunden Probanden unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der Halbfeldrepräsentationen zeigen (z.B. Sereno & Saygin 2008). Ausgehend von diesen Befunden vermuten wir, dass die Halbfeldrepräsentationen dynamisch in abhängig der zugrundeliegenden Aufmerksamkeitsmechanismen variieren.

In zwei ereignis-korrelierten fMRT-Experimenten (jeweils N=12) wurden zwei Aufmerksamkeitsprozesse (Stationäre Orientierung vs. Suche) innerhalb eines Suchparadigmas im rechten vs. linken Halbfeld (Experiment 1), bzw. oberen vs. unteren Halbfeld (Experiment 2) getrennt voneinander untersucht.

Beide Experimente bestätigen unsere Hypothese, dass sich Gesichtsfeldpräferenzen innerhalb des fronto-parietalen Aufmerksamkeitsnetzwerkes in Abhängigkeit der zugrundeliegenden Aufmerksamkeitsprozesse dynamisch verändern können. In Experiment 1 fanden wir während der Phase der stationären Orientierung das von Mesulam beschriebene Muster mit einer bilateralen Halbfeldrepräsentation in der rechten Hemisphäre und einer kontralateralen Präferenz in der linken Hemisphäre. Während der Suche zeigte sich dagegen das diametrale Muster. In Experiment 2 ergab sich vor allem für die rechte Hemisphäre eine Präferenz des unteren Halbfeldes während der stationären räumlichen Orientierung. Bei der Suche zeigte sich dagegen eine stärkere Präferenz des oberen Halbfeldes. Implikationen für visuell-räumliche Aufmerksamkeitsmodelle im gesunden menschlichen Gehirn sowie Neglect werden diskutiert.