Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - A64
DOI: 10.1055/s-0029-1216081

Dreidimensionales Hirnstamm-Mapping des motorischen Systems

JJ Marx 1, P Stoeter 1, M Dieterich 1, GD Iannetti 1, G Cruccu 1, F Thömke 1
  • 1Mainz, München; Oxford, UK; Rome, IT

Wir berichten über einen innovativen Ansatz eines MRT-basierten dreidimensionalen in vivo Mappings funktioneller Hirnstammsysteme beim Menschen.

Methoden: 308 konsekutive Patienten mit akuten klinischen Symptomen einer vertebrobasilären Ischämie erhielten eine standardisierte hochauflösende MRT-Untersuchung sowie eine multimodale elektrophysiologische Hirnstammtestung. Für statistisch-basierte funktionell/anatomische Korrelationsanalysen wurden die individuellen Läsionen normalisiert und in ein dreidimensionales voxel-basiertes Hirnstamm-Modell auf der Basis topometrischer und stereotaktischer Atlanten importiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: In einer ersten Analyse zur somatotopen Gliederung der Pyramidenbahn konnte bei 41 Patienten mit akuter motorischer Hemiparese ein mit hoher Signifikanz betroffenes Areal zwischen pontomesencephalem Übergang und Midpons identifiziert werden. Ein Vergleich der Läsionsmuster bei Patienten mit arm- vs. beinbetonter Parese zeigte keinerlei topographische Unterschiede. Eine somatotope Ordnung arm- und beinversorgender Fasern scheint sich somit spätestens beim Durchtritt der Pyramidenbahn durch den Pons aufzulösen. Dagegen zeigten sich die Läsionen bei Patienten mit proximal betonten Paresen signifikant weiter dorsal nahe dem corticoretikulären Trakt und bei Patienten mit distal betonter Parese weiter ventral in der Basis pontis gelegen, so dass zumindest von einer gewissen somatotopen Gliederung kortikospinaler Fasern auszugehen ist.

Zum anderen führten wir eine Korrelationsanalyse zur Identifikation funktionell bedeutsamer Hirnstammareale bei 49 Patienten mit Hemiataxie durch. Hiernach kann eine Ataxie vermutlich auf der Basis dreier verschiedener pathophysiologischer Mechanismen entstehen. Eine Hemiataxie ipsilateral zur Hirnstammläsion zeigte sich hochsignifikant mit einer Läsion des dorsalen spinozerebellären Trakts in der dorsolateralen Medulla oblongata korreliert und repräsentiert so am ehesten eine Störung des propriozeptiven Inputs. Pontine Läsionen verursachten eine kontralaterale Ataxie durch eine Läsion deszendierender corticopontiner Projektionen und Kerne in der Basis pontis unter Aussparung kreuzender pontozerebellärer Fasern. Eine bilaterale Ataxie zeigte sich hochsignifikant mit einer Läsion der kreuzenden dentato-rubro-thalamischen Trakte auf Höhe des pontomesencephalen Übergangs verbunden und repräsentiert somit eine Beeinträchtigung des zerebellären Outflow.