Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - V40
DOI: 10.1055/s-0029-1216063

Interhemisphärielle Interaktion beim Gilles de la Tourette Syndrom

T Bäumer 1, J Kroeger 1, G Thomalla 1, M Jonas 1, C Gerloff 1, K Müller-Vahl 1, A Münchau 1
  • 1Hamburg, Hannover

Hintergrund: Bei Patienten mit Gilles de la Tourette Syndrom (GTS) wurden Auffälligkeiten der inhibitorischen Kontrolle in Form einer mittels der TMS gemessenen verkürzten Silent period (SP) und verminderten afferenten Inhibition (AI) gefunden. Daneben sind altersabhängig Auffälligkeiten im Corpus Callosum beschrieben worden.

Ziel: In dieser Studie wurde untersucht, inwieweit interhemisphärielle Interaktionen und die AI beim Tourette Syndrom verändert sind.

Methode: Es wurden 16 unbehandelte GTS Patienten und eine Kontrollgruppe untersucht. Die AI wurde zum rechten M. interosseus dorsalis manus (IDM) bestimmt, wobei afferente (elektrische) Stimuli mit Ringelektroden am 2. Finger der rechten Hand verabreicht wurden (Interstimulusintervalle (ISI) 25–80ms) von TMS-Pulsen über dem linken motorischen Kortex gefolgt wurden. Die kontralaterale SP (Intensität 130 und 175% der Ruheschwelle (RMT)), die ipsilaterale SP (iSP) und die interhemisphärielle Inhibition (IHI) mit einem Doppelpulsparadigma (ISI 6–10ms; konditionierender Puls 120% RMT) wurden bds gemessen.

Ergebnisse: Beide Gruppen zeigten eine signifikante, jedoch nicht unterschiedliche AI und IHI. Die kontralaterale SP war bei Patienten zur dominanten Hand bei Intensitäten von 130% RMT verglichen mit der Kontrollgruppe signifikant verkürzt (133 vs. 160ms). Zur linken Hand war der Unterschied nicht signifikant (146 vs. 157ms). Bei 175% RMT bestanden keine Unterschiede. Die Dauer und das Ausmaß der Suppression der iSP waren bei beiden Gruppen identisch, allerdings fand sich bei den Patienten beidseits eine länger andauernde Fazilitierung der EMG Aktivität im Anschluss an die Suppressionsphase.

Schlussfolgerung: Bei niedrigen Stimulationsintensitäten findet sich bei GTS Patienten als Ausdruck einer defizienten Inhibition eine pathologisch verkürzte SP. Des weiteren sind zwar Dauer und Ausmaß der iSP bei GTS Patienten nicht verändert, es findet sich jedoch eine verlängerte Fazilitierungsphase nach der iPS. Dies könnte Ausdruck einer Störung in interhemisphärischen transkallosalen Regelkreisen sein.