Hintergrund: Epidemische Myositis (EM) ist ein seltenes Syndrom, nach viralen Infekten auftretend,
das durch Myalgie vorwiegend der Unterschenkel mit konsekutiver Gangstörung charakterisiert
ist. Im Februar 2008 wendete sich ein Kollege der Universitätskinderklinik Düsseldorf
wegen des Verdachts eines EM-Ausbruchs an das Robert Koch-Institut. Daraufhin wurde
am 4.3.2008 eine bundesweite Untersuchung zur Bestätigung dieses Ausbruchs, seines
Ausmaßes und zur Frage möglicher Beteiligung von Influenza begonnen.
Methoden: Wir führten eine aktive Fallsuche mithilfe des öffentlichen Gesundheitsdienstes (Landesämter/Gesundsheitämter)
durch, über pädiatrische Fachzeitschriften und eine pädiatrische Internetplattform.
Wahrscheinliche Fälle waren Kinder mit dem klinischen Bild einer EM, welches sich
nach einer fieberhaften (>38,5°C) Erkrankung zwischen dem 1.10.07 und 1.6.08 entwickelt
hatte. Bestätigte Fälle waren wahrscheinliche Fälle mit einer laborbestätigten (PCR
oder Schnelltest) Influenzadiagnose. Als Kontrollen wurden Kinder mit laborbestätigten
Influenzadiagnosen aus dem Nationalen Referenzzentrum (NRZ) und der Arbeitsgemeinschaft
Influenza (AGI) herangezogen. Die behandelnden Ärzte wurden gebeten einen Fragebogen
zu beantworten zu Symptomen, Laborwerten und Anzahl behandelter EM Fälle aus den vorangegangenen
Jahren.
Ergebnisse: Insgesamt erfüllten 288 Fälle unsere Falldefinition, 45 bestätigte und 233 wahrscheinliche
Fälle. 50% der Fälle wurden aus dem Zeitraum zwischen 18.2.und 19.3.2008 gemeldet,
die höchste Inzidenz wurde aus Thüringen mitgeteilt. 210 Fälle waren männlich (72%),
der Altersmedian lag bei 7 Jahren, die Symptome hielten im Durchschnitt 4 Tage an,
eine schwere Komplikation wurde berichtet (Rhabdomyolyse). Von 46 bestätigten Fällen
waren 43 (93%) positiv für Influenza B Fälle hatten eine 19fach erhöhte Chance an
Influenza B erkrankt zu sein als Kontrollen und wiesen eine 2 fach erhöhte Chance
für männliches Geschlecht auf. Impfung gegen Influenza B wies in der univariaten Analyse
eine Odds Ratio von 0,2 auf.
Schlussfolgerungen: Es handelte sich um den größten in der Literatur beschriebenen Ausbruch von EM, Influenza
B und männliches Geschlecht waren assoziiert mit EM, Impfung gegen Influenza schützte
vor EM. Regelmäßige Information der Pädiater über zirkulierende Subtypen können daran
erinnern, dass vermehrtes Auftreten von EM Fällen zu erwarten ist. Dass EM trotz beeindruckendem
Krankheitsbild in der Regel gutartig verläuft, sollte den behandelnden Ärzten zu Beginn
einer Influenzasaison in Erinnerung gerufen werden, um Beunruhigung unter Patienten,
Eltern und Ärzten zu vermeiden.