Gesundheitswesen 2009; 71 - A16
DOI: 10.1055/s-0029-1215458

Konsequenzen aus dem Feldfieberausbruch unter Erntearbeitern in NRW

A Jurke 1, G Heuser 2, S Desai 3, A Jansen 3, K Bradt 1, U van Treeck 1
  • 1Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit NRW, Münster
  • 2Gesundheitsamt Düren
  • 3Robert Koch-Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie, Berlin

Im Juli 2007 wurde das Gesundheitsamt Düren über eine unklare Häufung von Patienten mit Fieber, Kopf-, Gliederschmerzen und Übelkeit, in vier Fällen mit Meningitisverdacht, informiert. Das Amt ermittelte im Verlauf insgesamt 31 kranke Erntehelfer, die auf einem Erdbeerhof arbeiteten. 11 von ihnen wurden im Krankenhaus behandelt.

Da zunächst nach Hinweisen auf eine durch Lebensmittel übertragene Krankheit gesucht wurde, veranlassten Gesundheits- und Veterinäramt Stuhl- und Lebensmitteluntersuchungen. In Zusammenarbeit von Gesundheitsamt und LIGA.NRW wurden verstärkte Hygienemaßnahmen und eine umfangreiche Erregersuche eingeleitet. Serologische Tests ergaben 3 positive Ergebnisse auf Leptospiren.

Unter Führung des Robert Koch-Instituts wurde eine retrospektive Kohortenstudie durchgeführt. Von 184 Arbeitern konnte das RKI 153 zurückverfolgen und fand 24 erkrankte Personen. Als Risikofaktoren für eine Leptospirose-Infektion wurden das zufällige Berühren von Mäusen und das Arbeiten im Regen mit Wunden an den Händen identifiziert. Die Feldränder waren massiv mit Leptospira kirschneri serovar Grippotyphosa durchseuchten Mäusen befallen. Die epidemiologischen Bedingungen für einen Feldfieberausbruch wie hohe Feldmausdichte, mittlere Lufttemperatur ≥18°C, Starkniederschläge und manuelle Feldarbeit mit Kontakt zu kontaminiertem Wasser, Boden, Schlamm wurden bestätigt.

Der Ausbruch ist seit 40 Jahren der größte dokumentierte Feldfieberausbruch durch Leptospiren in Deutschland.

Zur Vermeidung von Leptospirose-Erkrankungen bei Erntearbeitern wurde eine Fachgruppe gebildet. Bei möglichem Auftreten von Feldfieberfällen sollen Betriebe und Ärzteschaft gezielt beraten werden.

Neben Einzelerkrankungen im Rahmen von Freizeitaktivitäten sollen zukünftig verstärkt mögliche Expositionen bei landwirtschaftlicher Tätigkeit beobachtet werden.

So wurde ein Schwellenwert für Feldmausbefall vereinbart. Ist dieser erreicht, sollen auf landwirtschaftlichen Flächen die Mäuse massiv bekämpft und ihre Durchseuchung mit Leptospiren bestimmt werden. Die Erntearbeiter sollen gezielt über sichere Arbeitsweisen und persönliche Vorsorgemaßnahmen informiert werden.