Zusammenfassung
Studienziel: Vorliegende Studie untersucht den Einfluss sozioökonomischer sowie familiärer Lebensbedingungen
auf die selbstberichtete Lebensqualität von Kindern. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt,
ob der Einfluss sozialer Lebensbedingungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität
von Kindern durch Erziehungsressourcen (Stressverarbeitungsstrategien, psychische
Gesundheit und Kompetenzgefühl bzgl. der Erziehungstätigkeit) ihrer Mütter vermittelt
wird.
Material und Methoden: Mit Daten einer klinischen Stichprobe (Mütter und Kinder aus Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen)
werden Angaben von 691 Kindern im Alter von 8–12 Jahren bezüglich ihrer gesundheitsbezogenen
Lebensqualität (erfasst mit dem Selbstauskunftsbogen Kid-KINDL) mit Indikatoren zur
Lebenslage und Erziehungsressourcen ihrer Mütter in Bezug gesetzt. Erziehungsressourcen
der Mütter werden gemessen durch den SVF-60 (Stressverarbeitungsfragebogen), die SCL-k-9
(Kurzform zur Erfassung der psychischen Symptombelastung) und den FKE-k (Fragebogen
zum elterlichen Kompetenzgefühl). Der Einfluss der sozialen und familiären Lage auf
die kindliche Lebensqualität und auf Erziehungsressourcen von Müttern wird varianzanalytisch
berechnet. Der Zusammenhang zwischen kindlicher Lebensqualität und mütterlichen Erziehungsressourcen
wird anhand von Korrelationen ermittelt. Zur Überprüfung des vermittelnden Einflusses
von Erziehungsressourcen auf den Zusammenhang von Lebenslage und kindlicher Lebensqualität
werden schrittweise lineare Regressionsgleichungen berechnet.
Ergebnisse: Insgesamt berichten sowohl Jungen als auch Mädchen von einer hohen gesundheitsbezogenen
Lebensqualität. Dabei findet sich ein sozialer Gradient in Bezug auf die Gesamtlebensqualität
nur bei Mädchen. Den größten Einfluss zeigen dabei die Variablen Bezug von Sozialhilfe/Arbeitslosengeld
II (t-Test, p=0,000), die Größe des Wohnraumes (VA, p=0,011) und die Familienform
(t-Test, p=0,011). Insgesamt ist der Einfluss unterschiedlicher Lebensbedingungen
auf die kindliche Lebensqualität in dieser klinischen Stichprobe gering. Ebenfalls
unterscheiden sich Mütter mit und ohne Sozialhilfe/Arbeitslosengeld II signifikant
hinsichtlich ihres elterlichen Kompetenzgefühls (t-Test, p=0,000) und ihrer psychischen
Belastungen (t-Test, p=0,001). Auch die Familienform (alleinerziehend vs. nicht alleinerziehend)
geht mit signifikanten Unterschieden bezüglich negativer Stressverarbeitungsstrategien,
psychischer Belastungen und elterlichem Kompetenzgefühl einher (t-Test, jeweils p=0,002).
Mütterliche Erziehungsressourcen (Selbstangaben der Mütter) korrelieren auf niedrigem,
aber hoch signifikantem Niveau mit kindlichen Angaben zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität
(sowohl bei Jungen rMax=0,28** als auch bei Mädchen rMax=0,24**). Ausschließlich bei Mädchen liegt eine Mediation des Einflusses sozialer Lebensbedingungen
auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität durch Erziehungsressourcen ihrer Mütter
vor. Dabei ist der Einfluss partiell, d. h. dass sowohl ein direkter Einfluss sozioökonomischer
Bedingungen auf die kindliche Lebensqualität vorliegt, als auch ein indirekter Einfluss
über mütterliche Erziehungsressourcen.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen zum einen die Notwendigkeit geschlechtsspezifischer Analysen
bei Fragen zur gesundheitlichen Ungleichheit im Kindesalter, und zum anderen verdeutlichen
sie den Einfluss primärer Sozialisation in der transgenerationalen Vermittlung gesundheitlicher
Ungleichheit. Dies unterstreicht die Bedeutung von Angeboten für sozialbenachteiligte
Mütter zur Förderung ihrer Erziehungskompetenz als eine wichtige Interventionsstrategie
zur Reduzierung der transgenerationalen gesundheitlichen Ungleichheit.
Abstract
Aim: The present study examines the influence of socioeconomic position and the family's
living conditions on children's self-reported quality of life. The aim is to analyse
to what extent these relationships are mediated by maternal parenting resources (coping
strategies, psychological health and maternal self-efficacy).
Material and Methods: We used data from 691 children (aged 8 − 12 years) and their mothers, collected in
mother-child rehabilitation centres in Germany. The children's quality of life was
measured by the Kid-KINDL (self-report). Maternal parenting resources were measured by the SVF-60 (coping strategies), the SCL-k-9 (psychological health) and the FKE-k (maternal self-efficacy). Analyses of variance were used for estimating the effects
of social factors on children's self-reported quality of life and on parenting resources.
The relationship between children's quality of life and maternal parenting resources
was assessed by computing correlation measures. The mediating effects of parenting
resources on relationships between social factors and children's quality of life were
estimated by means of multiple regression.
Results: Overall girls and boys showed high quality of life levels. A social gradient was
only found for girls. The most significant influence was shown by receiving social
welfare (t-test, p=0.000), flat size (VA, p=0.011) and single motherhood (t-test,
p=0.011). The influence depends on the type of indicator for family living conditions
as well as on specific dimensions of quality of life. Overall the influence of living
conditions on the quality of life was small. Probably this is due to the sample being
drawn from a clinical population. A social gradient was also found for maternal parenting
resources: Psychological health as well as maternal self-efficacy were significantly
different depending on whether families received social welfare or not (t-test, p=0.000;
p=0.001). Single mothers showed more negative coping strategies and lower psychological
health and maternal self-efficacy (t-test, each with p=0.002). Maternal parenting
resources were substantially correlated with quality of life (boys: rMax=0.28**; girls: rMax=0.24**). They had mediating effects on the relationship between social factors and
quality of life of girls. This may be explained by a direct effect of socioeconomic
conditions and by an indirect effect of maternal parenting resources.
Conclusions: Our findings emphasise the importance of gender-specific analyses dealing with health
inequality in childhood. Socialisation was found to be relevant for the transmission
of health inequality between generations. The results emphasise the need for programmes
directed towards promoting parental resources for deprived mothers.
Schlüsselwörter
kindliche Lebensqualität - gesundheitliche Ungleichheit - Sozialisation - Mütter und
Kinder
Key words
quality of life of children - health inequality - socialisation - mothers and children