Grundlagen: Vergiftungs- und Vergiftungsverdachtsfälle, die zur Konsultation eines Giftnotrufes
führen, werden bei Kindern und Jugendlichen überwiegend durch Chemikalien (30%), Medikamente
(24%) und Pflanzen/Pilze (22%) verursacht (VIZ-Jahresberichte 2001–2005). Wodurch
jedoch werden schwere Vergiftungen ausgelöst?
Fallserie: Alle in den Jahren 2000–2005 von der Vergiftungs-Informations-Zentrale beratenen
und als schwer eingestuften Vergiftungsfälle von Kindern und Jugendlichen (0–18 Jahre)
wurden in Bezug auf Vergiftungsursachen, -umstände, Alter und Geschlecht retrospektiv
ausgewertet.
Ergebnisse: 121-mal wurden schwere Intoxikationen erfasst. Vergiftungsfälle mit unbekannter Substanz
oder mit unwahrscheinlicher Kausalität wurden ausgeschlossen. 104 Kinder und Jugendliche
wurden in die retrospektive Studie eingeschlossen (Median 15 Jahre). Geschlechtsverteilung:
49 weiblich, 51männlich, 4-mal unbekannt. Vergiftungsumstände: Unfälle (42), Substanzmissbrauch
(30), Suizidversuche (27), unbekannt (5). Vergiftungsursache waren Medikamente (46),
Chemikalien (18), Alkoholika (18), Drogen (10), Pilze/Pflanzen (4), Andere (4). Die
Altersverteilung wich bei den Chemikalien (1,08–18 Jahre, Median 4,5) nach unten und
bei den Drogen (0–18 Jahre, Median 17,5) nach oben ab. Das männliche Geschlecht dominierte
bei Alkohol und Drogen (60% bzw. 70%), Mädchen vergifteten sich eher mit Medikamenten
schwer (59%). Bei Chemikalien überwogen Unfälle (82%).
Schlussfolgerung: Schwere Vergiftungen durch Chemikalien waren v.a. unfallbedingt und betrafen jüngere
Kinder. Lebensbedrohliche Medikamentenvergiftungen waren bei jüngeren Kindern eher
unfallbedingt, ab einem Alter von 13 Jahren aber häufiger Folge eines Suizidversuches.
Ältere Kinder und Jugendliche vergifteten sich außerdem schwer durch Substanzmissbrauch
mit Alkohol oder Drogen, wobei der Altersmedian der Drogenvergiftungen 2,5 Jahre über
dem der Alkoholvergiftungen lag.