Klin Padiatr 2009; 221 - A33
DOI: 10.1055/s-0029-1214286

Neonatales Marfan-Syndrom

C Apitz 1, S Haen 2, M Girisch 1, B Rhode 3, K Niethammer 4, G Behrwind 4, CJ Partsch 4, M Hofbeck 1
  • 1Universität Tübingen, Abteilung Kinderheilkunde II
  • 2Universität Tübingen, Pathologisches Institut
  • 3Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Humangenetik
  • 4Städtische Kinderklinik Esslingen

Hintergrund: Das Marfan-Syndrom ist eine seltene, autosomal dominant vererbte Erkrankung, die durch am Chromosom 15q21.1 lokalisierte Genmutationen (FBN1-Gen) verursacht wird. Sehr selten kommt es zum Auftreten des neonatalen Marfan-Syndroms, welches vor allem durch die massive Ausprägung der kardialen und pulmonalen Manifestationen charakterisiert ist.

Fallbericht: Wir berichten über das erste Kind einer 29-jährigen gesunden Erstgravida. Es erfolgte die primäre Sectio caesarea nach 35+4 SSW bei Placenta praevia totalis, APGAR Score 5/7/7, NApH 7,28. Bereits pränatal waren sonographisch lange Röhrenknochen, eine Ektasie der Aortenwurzel und Erweiterung der Herzhöhlen aufgefallen. Postnatal bestätigte sich ein marfan-typischer Befund mit Dolichostenomelie (Gewicht 2,4kg; Länge 51cm), hyperbeweglichen distalen Gelenken, sowie Kontrakturen an den proximalen Extremitätengelenken. Echokardiographisch zeigten sich erweiterte Herzkammern mit erheblich eingeschränkter Funktion und eine höhergradige Insuffizienz vor allem der Trikuspidalklappe. Trotz Kreislaufunterstützung mit Adrenalin, Dobutamin und Milrinon entwickelte sich in den ersten Stunden nach Geburt eine zunehmende Herzinsuffizienz, die sich nach Entstehung von Pneumothoraces und eines Pneumoperikards bei syndromtypischem angeborenem Emphysem nicht mehr stabilisieren liess. Das Kind verstarb im Alter von 24 Lebensstunden. Molekulargenetisch konnte die Diagnose eines neonatalen Marfan-Syndroms durch eine heterozygote Deletion der Exons 24–26 im FBN1-Gen bestätigt werden.

Schlussfolgerung: Das neonatale Marfan-Syndrom bildet die Extremvariante des Marfan-Syndroms und hat auch heute noch eine schlechte Prognose. Ca. 50% der betroffenen Kinder sterben innerhalb des ersten Lebensjahres an einem progredienten Herzversagen.