Einleitung:
In der Endphase der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) ist die chronisch ventilatorische
Insuffizienz (CVI) infolge progredienter Schwäche der Atemmuskulatur häufig der limitierende
Faktor. Der Indexparameter der CVI ist die Hyperkapnie.
Patienten und Methode:
In der Observationsstudie wurden die Daten aller im Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2007
in unserer Klinik untersuchten 85 ALS-Patienten (Alter: 60,2±12,5 Jahre, MW±SD) hinsichtlich
physiologischer Parameter und Überlebensraten (nach Kaplan-Meier) ausgewertet.
Die Patienten wurden halbjährlich zur Verlaufskontrolle einbestellt. Der CO2-Partialdruck
(pCO2) wurde mittels Blutgasanalyse (BGA) tagsüber gemessen (bei NIV-therapierten
Patienten vor Beginn der Beatmung). Prinzipiell wurde den Patienten mit Hyperkapnie
(pCO2 >45mm Hg) angeboten, nicht-invasive Beatmung (NIV) zu beginnen. Ein Teil
der Patienten lehnte die NIV ab bzw. tolerierte sie nicht (NIV-non-responder). Die
NIV-Responder zeigten eine gute Therapiecompliance.
Ergebnisse:
Die Hälfte aller Patienten war 3,1 Jahre nach Erstdiagnose verstorben. Im Rahmen der
Untersuchung des Gesamtkollektivs zeigte pCO2 einen ungünstigen Einfluss auf die Überlebenszeit.
Mit jedem mmHg pCO2 stieg das relative Mortalitätsrisiko um 3,7%. Das Zeitintervall
zwischen der Erstdiagnose und der Erstregistrierung von Hyperkapnie betrug im Mittel
1,9 Jahre.
Insgesamt wurden 28 Patienten (33%) mit NIV behandelt. Darunter kam es zur deutlichen
Besserung der Ventilation. Die mittels NIV beatmeten hyperkapnischen Patienten überlebten
ab dem Zeitpunkt der ersten Registrierung von Hyperkapnie im Mittel 1,27 Jahre; ohne
NIV verstarb dagegen die Hälfte der hyperkapnischen Patienten bereits nach 0,12 Jahren.
Schlussfolgerungen:
Ab dem Nachweis von CVI (d.h. Hyperkapnie) verkürzt sich die Lebenserwartung dramatisch,
wenn NIV nicht zur Anwendung kommt. Die NIV ist in der Lage, diese kurze Lebenserwartung
deutlich (um das 10,6-fache) zu verlängern.