Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A068
DOI: 10.1055/s-0029-1208320

Videoanalyse früher Mutter-Kind-Interaktion bei postpartaler Depression

C Klapp 1, A Wiefel 1, A Frevert 1, JW Dudenhausen 1
  • 1Charité Virchow Klinikum, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Germany

Fragestellung: Häufig bleiben Frauen mit einer postpartalen psychiatrischen Erkrankung unerkannt und es entsteht ein erhöhtes Risiko für eine gestörte Mutter-Kind-Bindung. Die kann die emotionale, kognitive und motorische Entwicklung des Kindes beeinflussen. Besonders bei depressiven Erkrankungen der Mutter ist deren emotionale Verfügbarkeit vermindert („abwesende Anwesenheit) und es kann zu Affektregulationsstörung beim Säugling und zu Störungen in der Mutter-Kind-Bindung kommen. Wie beeinflusst nun konkret die depressive Situation der Mutter die Interaktion und wie kann die Analyse der Sequenzen bei Beratung und Therapie genutzt werden?

Methodik: Nach einem Screening von frisch Entbundenen einer Wochenstation mittels Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) wurde bei Verdacht eine depressive Erkrankung nach DSM-IV Kriterien diagnostiziert oder ausgeschlossen. Die Mutter-Kind-Interaktion wurde im Alter von 4,5 Monate im „still-face-paradigma aufgezeichnet. Anschließend wurden die Aufnahmen im Rahmen von therapeutischen Video-feed-back Sitzungen besprochen. Die Interaktionsqualität wurde mit den „Coding Interactive Behavior Scales (CIB) eingeschätzt, und die Werte wurden mit einer gematchten Kontrollgruppe psychisch gesunder Mütter verglichen.

Ergebnisse: Die Interaktionsqualität war in den Mikroanalysen bei den depressiven Müttern im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant vermindert. Im makroskopischen, klinischen Kontext wurden dabei sowohl depressive wie „kontradepressive Verhaltensweisen im Sinne einer Reaktionsbildung sichtbar. Betroffene Mütter nehmen die diagnostischen Aussagen im gut an. Die Motivation zur Annahme von Beratung und Therapie wird dadurch verbessert.

Schlussfolgerungen: Der Einsatz von Videoanalysen in Kombination mit gezielter Beratung ist ein wichtiger Baustein in der Prävention von Störungen im Bindungsaufbau bei Säuglingen und Kleinkindern depressiver Mütter.