Postpartal depressive Mütter entwickeln in ca. 10% aller Fälle eine Bindungsstörung
gegenüber ihrem Kind. Inwiefern eigene Bindungserfahrungen das gemeinsame Auftreten
einer Mutter-Kind-Bindungsstörung und einer postpartalen Depression beeinflussen,
ist bisher wenig erforscht.
Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes mit multimodalem Ansatz zum
Thema Wochenbettdepression untersuchten wir zwölf Mütter mit postpartaler Depression
(Edinburgh postnatale Depression Skala (EPDS) ≥10). Zur Erfassung der bindungsbezogenen
Einstellung der Mütter wurde das Selbstbeurteilungsverfahren Adult Attachment Scale
(AAS) verwendet. Außerdem wurde der Eltern-Kind-Beziehungsfragebogen (PBQ) zur Ermittlung
der Mutter-Kind-Bindung eingesetzt. Die Stichprobe der postpartal depressiven Mütter
wurde mit einer Kontrollgruppe von 12 gesunden Müttern verglichen.
Mittels Mann-Whitney-U-Test konnte festgestellt werden, dass die Gruppe der postpartal
erkrankten Mütter signifikant höhere Werte in der Skala „verzögerte Bindung des PBQ
aufwies. Zudem zeigte sich im AAS-Fragebogen, dass diese Mütter höhere Werte auf der
Angstskala (Ängste allein gelassen oder verlassen zu werden) im Vergleich zur gesunden
Kontrollgruppe erreichten. Auf einer fünfstufigen Likert Skala zur Bewertung der Partnerschaft
gaben die PPD Frauen darüber hinaus an, von ihren Partnern weniger unterstützt zu
werden als die Mütter ohne Wochenbettdepression.
Die Ergebnisse legen nahe, dass Mütter mit postpartaler Depression in ihrer eigenen
Bindungserfahrung ängstlich geprägt sind und gleichzeitig eine verzögerte Bindung
zum Kind aufweisen. Der Zusammenhang zwischen eigener Bindungserfahrung, Mutter-Kind-Bindung
und postpartaler Depression sollte daher in der psychotherapeutischen Behandlung der
postpartalen Depression mit einbezogen werden.