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DOI: 10.1055/s-0029-1185783
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Von der luftigen Höhe bis zur Tiefe des Meeres
Publication History
Publication Date:
26 June 2009 (online)
Von den Höhen der Luftfahrtmedizin bis hinab in die Tiefe des Meeres mit den Tauchunfällen spiegelt das aktuelle Heft, vertreten durch seine unterschiedlichen Beiträge, auch bildlich gesehen, die gesamte Bandbreite der Notfallmedizin wider. Wir freuen uns deshalb sehr, Ihnen in dieser Ausgabe erneut eine Reihe hochkarätiger Beiträge ausgewählter Fachspezialisten aus unterschiedlichen Bereichen der Notfallmedizin präsentieren zu können.
„Wenn eine Ärztin oder ein Arzt an Bord ist, so möge sie oder er sich bitte umgehend beim Flugpersonal melden.“ Es dürfte wohl kaum Kollegen geben, die sich bei solch einer Meldung nicht augenblicklich unwohl oder zumindest relativ angespannt fühlen. Jedem Mediziner, der so eine Meldung bereits vernommen hat, dürften noch die Gedanken in Erinnerung sein, die einem in dieser Situation vor dem „Outing“ der eigenen Profession durch den Kopf gehen: Was wird wohl für eine Behandlungssituation vorliegen? Habe ich überhaupt die Mittel, um das Krankheitsbild zu behandeln? Muss möglicherweise der Flug umgeleitet werden? Wer trägt die Konsequenzen?
Es ist eine große Stärke des up2date-Konzepts, dass sich immer wieder deutschlandweit anerkannte Fachspezialisten bereit erklären, für bestimmte notfallmedizinische Problematiken auf Basis ihres ausgeprägten Fachwissens und ihrer langen klinischen Erfahrung Weiterbildungsartikel zu verfassen. So werden Sie zum Beispiel in dem Beitrag von Andreas Gabel vom Medizinischen Dienst der Lufthansa AG zu: „Medizinischen Notfällen an Bord von Verkehrsflugzeugen“ all die Antworten und vieles mehr zu der eben geschilderten Notsituation finden.
Man kann sich dem Thema Koma und Bewusstseinsstörungen didaktisch entweder von Seiten der zugrunde liegenden Ursache (z. B. „Das schwere Schädel-Hirn-Trauma“) oder von Seiten der zugrunde liegenden Symptomatik nähern. Nicht immer ist jedoch die Ursache der Bewusstlosigkeit so offensichtlich wie beim Vorliegen eines Traumas. Und selbst in diesen Situationen, aber vor allem bei allen anderen unklaren Bewusstseinsstörungen, ist eine strukturierte Diagnostik und primäre Therapie vor der weiterführenden bildgebenden Diagnostik von entscheidender Bedeutung. Entsprechend der typischen Präsentation des Komas am Notfallort, so wie es sich dem erstbehandelnden (Not-)arzt primär präsentiert, vermittelt Christian Berger relevante Strategien und Algorithmen in der primären symptombezogenen Behandlung des Komas unter Berücksichtigung der relevanten Differenzialdiagnosen.
Schwere Blutungen im Bereich des Gesichtsschädels können, wenn nicht umgehend zum Stillstand gebracht, zu einem erheblichen, lebensbedrohlichen Blutverlust führen. Effektive Techniken wie z. B. die Bellocq-Tamponade stellen in Abhängigkeit der Blutungsursache lebensrettende Sofortmaßnahmen dar, die in einem Beitrag zu Mund-Kiefer-Gesichtverletzungen klar und verständlich beschrieben werden. Doch wenn sich Fachspezialisten wie R. Gruber und H. Schliephake dem Thema der Notfallversorgung des Mittelgesichtstraumas widmen, so denken diese selbstverständlich auch an die weiteren Versorgungsschritte, die nach der erfolgreichen Behandlung des Notfallpatienten anstehen, um eine Rehabilitation mit möglichst gutem Langzeitergebnis zu ermöglichen. Diese Überlegungen, wie auch die Schritte zur Stillung akuter lebensbedrohlicher Blutungen, haben in den Artikel zur adäquaten Primärdiagnostik und ‐versorgung von leichten bis sehr schweren Verletzungen im Bereich des Gesichtsschädels Eingang gefunden.
Kindliche Notfälle stellen an sich schon eine große medizinische und nicht selten auch emotionale Herausforderung für den primär nicht pädiatrisch tätigen Arzt dar. Besonders schwierig wird die Situation vor allem dann, wenn bei den kleinen Patienten gleichzeitig eine bekannte Behinderung vorliegt. Der sehr informative und didaktisch klar strukturierte Beitrag von Thomas Bast und Koautoren gibt wichtige Einblicke in zugrunde liegenden Erkrankungen.
Bei Tauchunfällen denkt man möglicherweise an Notfälle, die deutschen Notärzten in ihrer täglichen Routine selten begegnen. In seinem Artikel kann Ulrich van Laak jedoch eindrucksvoll aufzeigen, dass bei 1,5–2 Mio. ausgebildeten Freizeit- bzw. Berufstauchern, die in Bädern und Seen in Deutschland ihren Sport bzw. Beruf praktizieren, die Möglichkeit, als Notarzt mit der Therapie einer Dekompressionskrankheit konfrontiert zu werden, nicht unterschätzt werden darf. Ulrich van Laak ist einer der führenden Tauchmediziner Deutschlands, was er auch in diesem sehr klar gegliederten Beitrag, in dem zunächst auch die pathophysiologischen Grundlagen entsprechend verständlich dargestellt werden, eindrucksvoll unter Beweis zu stellen vermag.
Wir sind uns sicher, dass auch in dieser Ausgabe von Notfallmedizin up2date wieder aktuelle und spannende Themen zur sofortigen Lektüre oder als Nachschlagewerk zur Vor- oder Nachbereitung von Einsätzen angesprochen werden und wünschen Ihnen eine bereichernde und informative Lektüre.
Prof. Dr. med. Steffen Ruchholtz, Marburg