Laryngorhinootologie 2009; 88(1): 2-3
DOI: 10.1055/s-0028-1121949
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Tinnitus - Hinweis für psychische Erkrankungen?

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Publication Date:
19 January 2009 (online)

 

Tinnitus kann viele verschiedene Ursachen haben. Die Pathogenese ist weitgehend unklar, die Therapie meist symptomatisch. Psychologische Faktoren können die Symptome auslösen oder verschlimmern. Eine aktuelle Publikation aus der Türkei gewährt nun tiefere Einblicke in die psychopathologischen Charakteristika von Tinnituspatienten. Eur Arch Otorhinolaryngol 2008; 265: 279–285

S. Belli et al. haben 90 konsekutive Patienten im mittleren Alter von 38,4 Jahren untersucht mit seit mindestens einem Monat bestehendem Tinnitus. Sie überprüften weitere 90 alters- und geschlechtsadjustierte Kontrollpersonen im Hinblick auf das Vorhandensein von psychiatrischen Symptomen und Komorbiditäten. Personen mit schwerwiegenden klinischen und/oder psychiatrischen Erkrankungen, wie Schizophrenie, manisch-depressive Psychose, Demenz oder Verhaltensstörungen, wurden ausgeschlossen.

Alle Teilnehmer unterzogen sich einer eingehenden otoneurologischen und körperlichen Untersuchung. Im Rahmen der psychopathologischen Untersuchungen screenten die Autoren alle Probanden zunächst mittels eines strukturierten klinischen Interviews (SCID-I und II) basierend auf den DSM-III-R-Kriterien im Hinblick auf schwere psychiatrische Erkrankungen und Persönlichkeitsstörungen (Axis-I- und Axis-II-Störungen). Depressive und Angstsymptome wurden mithilfe von 2 Selbstfragebögen, dem Beck Depression Inventar (BDI) und dem Beck Anxiety Inventar (BAI), erfasst. Anhand der Symptom-Checkliste-(SCL)-90-R und ihrer Subskalen erhoben S. Belli et al. Informationen über psychische Symptome, wie Somatisierung, Zwanghaftigkeit, Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität, Ängstlichkeit, Feindseligkeit, phobische Angst, paranoides Denken, Psychotizismus.

24 Patienten mit Tinnitus (26,7 %), aber nur 5 Kontrollpersonen (5,6 %) hatten mindestens eine Diagnose einer Axis-I-Erkrankung: Angststörungen (18,9 vs. 4,4 %), somatoforme Störungen (7,8 vs. 1,1 %), Stimmungsstörungen (7,8 vs. 3,3 %). 3 (3 %) Tinnituspatienten und 2 (2 %) Kontrollpersonenhatten mindestens eine Axis-II-Diagnose im Sinne einer Persönlichkeitsstörung. Tinnituspatienten erzielten im Vergleich zu den Kontrollen signifikant höhere Punktzahlen beim BDI und BAI sowie der SCL-90-R-Symptomliste.

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