Klin Padiatr 2009; 221(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-0028-1112123
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Langzeitprognose von Kindern mit intrauterin-detektierter erhöhter Nackentransparenz

Long-Term Outcome of Children with Intrauterine Detected Increased Nuchal TranslucencyL. Gortner
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Publication Date:
29 December 2008 (online)

Nachsorgestudien sind ein essenzieller Bestandteil der Akutmedizin, um wissenschaftlich fundierte Aussagen langzeitiger Effekte therapeutischer Interventionen zu evaluieren, wie dies beispielsweise in der Neonatologie für verschiedene Risikogruppen ein wissenschaftlich relevanter Schwerpunkt ist [9] [12] [14]. Neue diagnostische Kriterien, wie z. B. der Nachweis einer erhöhten Nackentransparenz im Rahmen des Frühultraschallscreenings, der als Marker für eine mögliche Aneuploidie zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche eingesetzt werden, sind hier zu nennen. Beim Fehlen von Aneuploidien und zuvor erfolgtem Nachweis einer erhöhten Nackentransparenz wurden Assoziationen zu angeborenen Herzfehlern und weiteren genetischen Erkrankungen nachgewiesen, besonders wenn die Nackentransparenz größer der 95. Perzentile mit rund 3,5 mm oder mehr gemessen wurde [3] [10].

Daher stellt die Beratungssituation beim Nachweis einer erhöhten Nackentransparenz eine Herausforderung im Rahmen der pränatalen Diagnostik dar, für die bislang nur eingeschränkte Langzeitdaten zur Verfügung standen [13].

Bei regulärem Karyotypus und Fortsetzung der Schwangerschaft mit sonografisch normalen Befunden zwischen Woche 20 und 22 wurden in kleineren Fallserien keinerlei schwerwiegende Entwicklungsrisiken bei Kindern mit entsprechenden intrauterinen Befunden nachgewiesen.

In den genannten Kontext ist die Untersuchung aus der Universitätsfrauenklinik Innsbruck einzuordnen, wo aus einer Gesamtkohorte von 78 Feten mit erhöhter Nackentransparenz und normalem Karyotypus 41 Kinder postnatal mittels Standardfragebogen und weiteren Tests hinsichtlich der postnatalen kognitiven Entwicklung nachuntersucht wurden [7].

Hierbei gingen in die Untersuchung die o.e. Kinder mit intrauteriner Nackentransparenzerhöhung sowie 41 Kontrollen ein. Es war in der genannten Kohorte mit intrauterin nachgewiesener erhöhter Nackentransparenz keinerlei Unterschiede hinsichtlich der kognitiven Entwicklung im Vergleich zu den in die Kontrollgruppe eingeordneten Kindern im Alter von 6 Jahren nachgewiesen worden [6].

Es ist ein Verdienst der vorliegenden Untersuchung, in einem Feld der noch anhaltenden Verunsicherung belastbares Datenmaterial einzubringen, was in der pränatalen Beratungssituation als außerordentlich hilfreich anzusehen ist. Gleichzeitig sind die vorliegenden Daten ein Anstoß für weitergehende Untersuchungen der embryonalen und fetalen Wachstums- und Differenzierungsvorgänge, die zu einer erhöhten Nackentransparenz führen. Neben den bekannten chromosomalen Anomalien und Fehlbildungen, wie angeborene Herzfehler, wurden weitere fetale Pathologien identifiziert, die eine diesbezügliche Zuordnung ermöglichen [3] [7].

Untersuchungen über Zeiträume von bis zu einer Dekade aus anderen Bereichen der Kinder- und Jugendmedizin belegen, dass in Nachsorgestudien gewonnene Erkenntnisse in die weitere Planung der Therapiemodalitäten u. a. in der onkologischen [4] [8] und kinderkardiologischen [5] [11] Versorgung mit eingehen. In diesen Bereichen zu schaffende Register böten die Möglichkeit, eine noch breitere Systematik als bislang anzuwenden und auf diesem Wege robuste wissenschaftliche Daten auf breiterer Basis zu generieren, als dies mit den herkömmlichen Instrumenten derzeit möglich ist.

Die genannte Studie von Jenewein et al. [6] bietet hier die Möglichkeit weiterer Untersuchungen zur prospektiven Evaluation von Kindern mit pränatal diagnostizierten, transienten Auffälligkeiten, deren Wertung bislang nur inkomplett möglich ist. Die resultierende hochgradige Verunsicherung werdender Eltern mit potenziell gestörtem Ablauf der Schwangerschaft sollte durch diese Untersuchungen gemindert werden.

Die hinter der pränatalen Diagnostik und entsprechenden Konsequenzen stehenden ethischen Diskussionen, z. B. beim Nachweis von Aneuploidien [1] und schwerwiegenden Fehlbildungen, sind damit allerdings nicht gelöst [2].

References

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. L. Gortner

Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum des Saarlandes

66421 Homburg/Saar

Email: ludwig.gortner@uks.eu

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