Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2009; 19(3): 149-161
DOI: 10.1055/s-0028-1100400
Wissenschaft und Forschung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Direkte und indirekte Veränderungsmessung in der ambulanten Rehabilitation muskuloskeletaler und kardiologischer Erkrankungen

Prospective and Retrospective Measurement of Change in Outpatient Rehabilitation for Musculoskeletal and Cardiac DiseasesE. Farin 1 , A. Dudeck 1 , C. Meffert 1 , M. Glattacker 1 , W. H. Jäckel 1 , 2 , U. Beckmann 3 , 4 , U. Polak 5 , 4
  • 1Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS), Universitätsklinikum Freiburg
  • 2Rehaklinikum, Bad Säckingen
  • 3Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
  • 4Arbeitsgemeinschaft der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung zur Qualitätssicherung in der ambulanten medizinischen Rehabilitation
  • 5AOK-Bundesverband, Bonn
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

eingereicht: 22.1.2008

angenommen: 14.10.2008

Publikationsdatum:
02. Juni 2009 (online)

Preview

Zusammenfassung

Zielsetzung: Die indirekte Veränderungsmessung stellt eine prospektive Form der Messung dar, bei der die Differenzen zwischen den Werten zu Beginn und Ende einer Intervention als Indikator für die stattgefundene Veränderung herangezogen werden. Mit der direkten Veränderungsmessung wird die Veränderung retrospektiv erfasst, indem ein Beurteiler (z. B. der Patient) gebeten wird, die stattgefundene Veränderung direkt einzuschätzen. In dem Beitrag werden die Gütemerkmale der direkten Veränderungsmessung bei der Erfolgsbewertung der ambulanten Rehabilitation muskuloskeletaler und kardiologischer Erkrankungen dargestellt und mit Merkmalen der indirekten Veränderungsmessung verglichen.

Durchführung und Methodik: Im Rahmen eines Pilotprojekts zur Entwicklung eines Qualitätssicherungsprogramms für die ambulante medizinische Rehabilitation wurden in 12 ambulanten Reha-Zentren Daten von insgesamt 749 Patienten mit muskuloskeletalen Erkrankungen und 322 Patienten mit kardiologischen Erkrankungen erhoben. Als Erhebungsinstrumente wurden der IRES-Fragebogen und neu entwickelte, auf die Skalen des IRES-Bogens bezogene Items zur direkten Veränderungswahrnehmung (DirV-Fragebogen) eingesetzt.

Ergebnisse: Die Items des DirV-Fragebogens wurden von den Patienten akzeptiert und weisen bei den Skalen gute bis sehr gute Reliabilitätswerte auf. Die Verteilungseigenschaften sind ebenfalls gut, es zeigen sich keine ausgeprägten Decken- oder Bodeneffekte. Auch die Änderungssensitivität und die faktorielle Struktur des DirV-Fragebogens können als gut bezeichnet werden. Zweifel bestehen jedoch an der Konstruktvalidität. Die Zusammenhänge zur indirekten Veränderungsmessung sind in der Regel sehr gering; Regressionsanalysen zeigen, dass das direkte Veränderungsurteil wesentlich durch den Status nach der Rehabilitation und dabei insbesondere durch das psychische Befinden und die Krankheitsverarbeitung bestimmt werden, und nur in wenigen Fällen durch den Eingangsstatus.

Schlussfolgerung: Die direkte Veränderungsmessung ist gut geeignet für eine ökonomische Erfassung des Rehabilitationserfolgs, wenn dieser sich auf eine relativ globale Beurteilung beschränken kann und das direkte Veränderungsurteil ohne Einrichtungsvergleiche ausgewertet wird. Soll das Ergebnis der Rehabilitation jedoch differenziert erfasst werden oder sollen Einrichtungsvergleiche durchgeführt werden, so erscheint die indirekte Veränderungsmessung günstiger.

Abstract

The indirect measurement of change is a prospective measurement method in which the differences between the levels at the beginning and end of an intervention are used as indicators for the changes that have taken place. In the direct measurement of changes, the changes are regarded in retrospect by asking an assessor (e.g. the patient) to directly evaluate the changes that have taken place. In this study, these two methods of measuring changes are compared empirically in an assessment of the results of outpatient rehabilitation for musculoskeletal and cardiac diseases. During a pilot project for the development of a quality assurance program for outpatient rehabilitation, data were compiled from 12 outpatient rehabilitation centers on a total of 749 patients with musculoskeletal disease and 322 patients with cardiac disease. The instruments used to compile this data were the IRES ques-tionnaire and the newly developed questionnaire for the retrospective measurement of change (Retro questionnaire), based on the scales of the IRES questionnaire items. The items of the Retro questionnaire were accepted by the patients and showed good to very good reliability values in the scales. The distribution properties are also good; there are no pronounced ceiling or floor effects. The sensitivity to change and the factorial structure of the Retro questionnaire can also be described as good. However, there are some doubts as to the construct validity. The correlation to the prospective measurement of change is generally very low; regression analyses show that the retrospective assessment of change is affected considerably by the status after rehabilitation as well as the psychological condition and acceptance of the disease, and in only a few cases by the status at admission. Retrospective measurement of change is suitable for an economical assessment of rehabilitation results if the results can be limited to a relatively global assessment and the evaluation of change is not used to make comparisons between rehabilitation centers. If the results of rehabilitation are to be evaluated in detail or comparisons made between various rehabilitation centers, the prospective measurement of changes appears to be more useful.

Literatur

1 Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines Pilotprojekts zur Entwicklung eines Qualitätssicherungsprogramms für die Indikationsbereiche Muskuloskeletale und Kardiologische Erkrankungen. Das Projekt wurde finanziert von der Deutschen Rentenversicherung und den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen. In der vorliegenden Arbeit werden nur die für die hier behandelten Fragestellungen relevanten Aspekte des Projekts dargestellt.

Korrespondenzadresse

Dr. phil. Dipl-.Psych. E. Farin

Universitätsklinikum Freiburg

Abt. Qualitätsmanagement und Sozialmedizin

Breisacher Str. 62/Haus 4

79106 Freiburg

eMail: erik.farin@uniklinik-freiburg.de