Planta Med 1967; 15(3): 223-232
DOI: 10.1055/s-0028-1099976
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

RÖNTGENOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN DER WIRKUNGEN VON BITTERMITTELN AUF DIE VERDAUUNGSORGANE1

H. Glatzel, K. Hackenberg
  • Aus dem Max–Planck–Institut für Ernährungsphysiologie in Dortmund
1 Herrn Professor Franz Klose, Kiel, zum 80. Geburtstag mit herzlichem Gruß und Dank zugeeignet.
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Publication Date:
15 January 2009 (online)

Zusammenfassung

  1. An 10 gesunden Versuchspersonen wurden die Auswirkungen des Zusatzes geschmacksäquivalenter Mengen von Enzian und Wermut auf die Sekretorik und Motorik des Magens, die Motorik des Darms und die Motorik der Gallenblase 4 Stunden lang röntgenologisch verfolgt.Als geschmacksäquivalent (= geschmacklich gleich intensiv wirksam) und geschmacksstark, aber doch noch gut genießbar, erwiesen sich bei Prüfung durch mehrere Degustatoren 0,20 g Enzianwurzel und 0,025 g getrocknete Wermutblätter. Die Versuchspersonen nahmen die Drogen in Gestalt eines in 50 ml Wasser gelösten alkoholischen Extraktes 5 Minuten vor einer Mahlzeit von gekochtem Reis (70 g Rohgewicht).

  2. Während der ersten 30 Minuten bewirkte Wermut und vor allen Dingen Enzian eine Stimulierung der Magensaftsekretion. Unter dem Einfluß von Wermut und Enzian wird die Magenverdauung in einem größeren, den Mageninhalt durchdringenden und über dem Mageninhalt stehenden Sekretvolumen bewerkstelligt als bei ungewürzter Mahlzeit. Bittermittelzusatz bedeutet also Intensivierung der (Protein– und Fett–) Verdauung im Magen.Die sekretions–stimulierende Wirkung des Enzians ist schwächer als diejenige einer geschmacksäquivalenten Senfmenge. Die Entleerunggeschwindigkeit des Magens wird durch Wermut und Enzian nicht beeinflußt.

  3. Unbeeinflußt durch Wermut– und Enzian–Zusatz bleibt die Passagegeschwindigkeit durch Jejunum und Ileum.

  4. Enzian wirkt deutlich cholagog (gallenblasenentleerend). Seine Wirkung ist jedoch weniger stark als die des stärksten natürlichen Cholagogums, des Eigelbs. Sowohl Enzian als Wermut intensivieren die Cholerese (Gallenzufluß aus der Leber).

Summary

The bitter drugs Radix Gentianae and Herba Absinthii were pharmacologically tested in man. 5 minutes before a meal of rice taste–equivalent doses of the bitter tonics were given orally. After the meal the secretion and motility of stomach and intestine, the motility of the gall bladder and the gall secretion of the liver were followed radiologically. Both bitter tonics stimulate gastric secretion; this way they intensify protein and probably fat digestion in the stomach. Gentian shows cholagogue activity, gentian and vermouth, in addition, possess choleretic activity.

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