Frauenheilkunde up2date 2008; 2(6): 481-486
DOI: 10.1055/s-0028-1098758
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Ist die zukünftige Finanzierung von Qualität noch gesichert?

Gekürzter Kommentar 2008 der Finanzierungskommission der DGGG e. V.M. W. Beckmann1 , I. Bechtold2 , G. Debus3 , A. Feige4 , W. Frobenius1 , L. Kiesel5 , U. Kunzmann6 , M. P. Lux1 , J. Sehouli7 , E. Solomayer8 , E. Steiner9 , S. Wagner6 , T. Schwenzer10 , R. Kreienberg11 , D. Wallwiener8
  • 1Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen
  • 2Medizinisch-ökonomische Direktion, St. Marienkrankenhaus, Ludwigshafen a. Rh.
  • 3Frauenklinik, Kliniken München Pasing und Perlach GmbH, Rhön-Klinikum AG
  • 4ehem. Frauenklinik II, Klinikum Nürnberg Süd
  • 5Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Münster
  • 6Kaufmännische Direktion, Universitätsklinikum Erlangen
  • 7Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Charité / Campus Virchow-Klinikum
  • 8Universitäts-Frauenklinik Tübingen
  • 9Frauenklinik, GPR Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Mainz
  • 10Frauenklinik, Klinikum Dortmund gGmbH
  • 11Universitäts-Frauenklinik Ulm
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Publication History

Publication Date:
18 December 2008 (online)

Einleitung

Die Ausgangssituation im Gesundheitswesen

Als besonders brennendes Problem im Gesundheitswesen gelten aktuell die explodierenden Kosten. Bis Mitte der 1980er-Jahre erschien es ausreichend, medizinische Maßnahmen allein aus therapeutischer Sicht zu bewerten. Die Ärztin bzw. der Arzt beschrieb als Leistungserbringer die Erkrankung und leitete eine Therapie ein, die Krankenkasse bezahlte als Leistungserstatter die anfallenden Kosten und die Patientin konnte als Leistungsnehmerin darauf vertrauen, dass mit der Leistung das bestmögliche Ergebnis erreicht wurde.

Eine Voraussetzung für dieses System waren ausreichende finanzielle Ressourcen [Porzsolt, 2003]. Schon seit 1940 steigen jedoch die Kosten im Gesundheitswesen in den meisten Ländern exponentiell an.

Die Folge ist, dass medizinische Entscheidungen mehr und mehr eine zweite Dimension erhalten – die Bewertung der Kosten. Ärztinnen und Ärzte fühlen sich deshalb aktuell drastisch in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Patientinnen haben das Gefühl, dass ihre Krankenkassen ihren rechtmäßigen Anspruch auf Leistungen nicht mehr erfüllen. Die Krankenkassen selbst konzentrieren sich mehr und mehr auf den Wettbewerb und Kostenprüfungen.

Probleme des Fachgebiets durch die Veränderungen im Gesundheitswesen

Die aktuelle Gesundheitspolitik sucht beispielsweise durch die Einführung des Diagnosis-related-Groups-System (diagnosebezogene Fallgruppen; DRG) und das Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) nach Wegen aus diesem Dilemma. Der Kostendruck betrifft insbesondere die Krankenhäuser.

Aus den genannten Faktoren resultiert eine Deckungslücke von ca. 4,7 Milliarden Euro pro Jahr. Die Einführung des DRG-Systems mit der für 2009 vorgesehenen Beendigung der Konvergenzphase und der Absenkung des Mindererlösausgleichs verschärft die Kostensituation der Krankenhäuser zusätzlich.

Prinzip des Fallpauschalensystems ist es, für die Behandlung einer typischen Erkrankung einen festen Betrag zu bezahlen – unabhängig davon, von wem oder wo die Leistung erbracht wird. Die Pauschale richtet sich dabei nach dem durchschnittlichen Behandlungsaufwand. Als Vorteil dieses Systems gilt, dass der Anreiz entfällt, möglichst aufwendig zu untersuchen und zu therapieren. Allerdings erfordert die Kalkulation selbst einen hohen Aufwand und zeigt einige Schwächen, durch die die Krankenhäuser aktuell belastet werden.

Hinzu kommt die mangelnde Abbildung besonderer Leistungen im Fallpauschalensystem. Gerade die Gynäkologie und Geburtshilfe ist im Gesundheitswesen Vorreiterin für die Implementierung zertifizierter Zentren (z. B. Brust- und Perinatalzentren). Die durch externe Audits gesicherte besondere Qualität dieser Zentren, die erheblichen finanziellen und personellen Mehraufwand erfordert, findet im DRG-System bisher keine Berücksichtigung.

Ein zusätzlicher Diskussionspunkt ist der kommende bundeseinheitliche Basisfallwert. Dabei muss bedacht werden, dass das DRG-System nur eine Transparenz der Schweregrade von Erkrankungen ermöglicht. Die Ergebnisqualität, d. h. die eigentliche Leistung, wird ebenfalls nicht abgebildet. Damit verhindert ein einheitlicher Basisfallwert den freien Wettbewerb bzw. nimmt den Therapeuten die Chance, sich gegenüber Mitbewerbern durch bessere Leistungen bzw. Therapieergebnisse profilieren zu können.

Die Gynäkologie und Geburtshilfe ist z. T. mehr als andere Fachbereiche durch weitere Aspekte betroffen. Eine Rolle spielen u. a. zahlreiche innovative Therapiekonzepte (neoadjuvante Mammakarzinom-Behandlung, Sentinel-Node-Biopsie etc.), die zur Reduktion der Zahl an größeren Eingriffen und somit zu niedrigeren Erlösen bei gleich bleibend hohen Vorhaltekosten führen, und der Wegfall von Chemotherapien bei zahlreichen Krankenhäusern bzw. Abteilungen ohne ambulante Ermächtigung.

Prof. Dr. M. W. Beckmann

Frauenklinik · Universitätsklinikum Erlangen

Universitätsstraße 21–23

91054 Erlangen

Email: fk-direktion@uk-erlangen.de

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